Angefangen hat alles mit einem Holzbottich: Darin wurde das Thermalwasser aufgefangen, das am 28. November 1956 aus dem Boden geschossen kam, nachdem man eine Bohrung angesetzt hatte. An diesem kalten Herbsttag vor 60 Jahren wurde der Grundstein für das Heilbad und die Balinea Thermen gelegt – und die Entwicklung des einstigen Bauerndörfchens Bellingen in ganz neue Bahnen gelenkt. Von Claudia Bötsch Bad Bellingen. Die Anfänge des Bad Bellinger Badetriebs lassen sich unter die Überschrift „Erdöl gesucht – Thermalwasser gefunden“ setzen. Im Jahr 1955 ließ die Wintershall AG eine Erdöl-Untersuchungsbohrung niederbringen. Statt des schwarzen Goldes stößt das Unternehmen bei einer Tiefe von rund 600 Metern jedoch auf warmes Wasser. Im Juli 1955 hat die Firma die Bohrung bei einer Tiefe von 1115 Metern eingestellt, weil sie nicht fündig geworden war. Die Bohrung wurde mit Zement verschlossen. Vom Bottich zum Heilbad An dieser Stelle kam der damalige Bürgermeister Markus Ruf, der „Vater der Therme“ ins Spiel. Er witterte die Chance, die sich dadurch für den Ort bot, und stellte die Weichen für das spätere Heilbad. Die Gemeinde Bellingen übernahm schließlich die Bohrung von der Wintershall AG mit Zustimmung des Bergamts Freiburg, verbunden mit dem Ziel, das versperrte Thermalwasser zu erschließen. In dem Buch „Bad Bellingen – Heilbad im Dreiländereck“, das zum 1000-jährigen Jubiläum der Gemeinde erschien, hat der erste Badearzt Dr. Dieter Hoffmann – Vater des heutigen Bürgermeisters Dr. Christoph Hoffmann – die erste Badeszene so geschildert: „Als in den Abendstunden des 28. November 1956 das Thermalwasser der wieder erschlossenen Quelle erneut sprudelte, schoben einige der Bellinger Bürger, die bei den Erschließungsarbeiten mitgeholfen hatten, einen ausgedienten Herbstbottich unter den kräftigen Wasserstrahl, zogen sich aus – trotz der Kälte der Novembernacht – und nahmen das erste Bad. Damit war die Entwicklung Bellingens zum Badeort eröffnet.“ Der Eintritt für das erste Becken: eine DM Der Bottich blieb den ganzen Winter hindurch als erstes „Badebecken“ stehen. Er bot allerdings höchstens fünf Personen Platz. Um dem Ansturm der Badelustigen entsprechen zu können, wurde eine Grube im Kies ausgehoben und mit Brettern ausgeschlagen: das erste „Bewegungsbecken“ war geschaffen. Aufgestellte Schilfmatten dienten damals als Umkleiden, der Eintrittspreis betrug eine DM. Schon im August 1957 wurde das erste richtige, auszementierte Schwimmbecken mit einer Länge von 25 Metern und einer Breite von 12,5 Metern eingeweiht. Im Winter wurde es durch ein Bierfestzelt geschützt. Bald drauf richtete Dr. Dieter Hoffmann die erste badeärztliche Praxis am Rand des Dorfs ein, denkbar primitiv. Im Buch zum Gemeindejubiläum hat er seine Erinnerungen festgehalten: Eingerichtet wurde die Praxis im Wohnzimmer von Frau Lampe mit dem Wohnzimmertisch als Schreibtisch, und der Couch, ein sauberes Leintuch darüber gebreitet, als Untersuchungsbett. Im „Wartezimmer“, der Küche von Frau Lampe, verkürzte diese den wartenden Badepatienten die Zeit mit Erzählungen aus Bellingens Vergangenheit. Wirkung des Thermalwassers Der Freiburger Bäderwissenschaftler Professor Hans von Braunbehrens hielt damals schon die wohltuende Wirkung des Bellinger Thermalwassers bei rheumatischen Erkrankungen und allen mit Bewegungsstörungen einhergehenden Krankheiten fest. Die Nachricht von der guten therapeutischen Wirkung sprach sich herum. Der Zustrom der heilungssuchenden Badegäste wurde immer größer. Die Gemeinde reagierte, baute aus, und die Entwicklung Bellingens zum richtigen Badeort nahm ihren Lauf. Es wurde eine zweite Quelle gebohrt, die Erschließung der Leodegar-Quelle erfolgte 1963. 1967 wurde das Kurmittelhaus eingeweiht. Ein Meilenstein in der Geschichte war 1969, als der Ort mit dem Titel „Bad“ geadelt wurde. 1969 erhielt Bellingen den Titel „Bad“ 1975 stand die dritte Quellbohrung an. Ein großer Tag für Bellingen war auch der 26. Oktober 1979, als das neue Mineralthermal-Bewegungsbad mit zwei Becken feierlich seiner Bestimmung übergeben wurde. Das „Bad der ersten Stunde“ aus dem Jahr 1957 wurde 1980 abgerissen. Im Jahr 2000 wurde schließlich erweitert: es kam ein weiteres Außenbecken hinzu, unter anderem mit Strömungskanal und Luftsprudelliegen. Darüber hinaus wurde auch ein Saunapark eingerichtet. 2010 wurde das „Champagnerbecken“ eingeweiht. Mittlerweile gibt es auch eine Salzgrotte. Das Wellness-Angebot wurde kontinuierlich ausgebaut und ist inzwischen eine wichtige Säule im Thermenbetrieb. Im vergangenen Jahr zählten die Balinea Thermen rund 353 000 Besucher. Stolz ist man auf die Auszeichnung „5 Medical Wellness Stars“ des Heilbäderverbands, der die Bellinger Therme bereits zum vierten Mal in Folge mit der höchsten Kategorie bedacht hat. Mit den spartanischen Anfängen des Badebetriebs unter einfachsten Bedingungen hat dies nichts mehr zu tun. An die Geburtsstunde der Therme erinnert seit 2008 jedoch der Brunnen des Künstlers Martin J. J. Kirstein auf dem Parkplatz der Therme, der die Szene, als die ersten Bürger im Bottich badeten, gestalterisch verewigte.