Bad Bellingen „Darüber reden, um Kriege zu verhindern“

Weiler Zeitung
Hansjörg Noe (rechts) hielt einen Vortrag. Foto: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Vortrag: Hansjörg Noe spricht in Bad Bellingen über die Evakuierung der Rheindörfer

Bad Bellingen (jut). Die Älteren können mit diesen Jahren noch etwas anfangen: 1939, 1940, 1944: Drei Mal wurden die Dörfer entlang des Rheins während des Zweiten Weltkriegs evakuiert. Im Oberrheinischen Bädermuseum in Bamlach gibt es dazu eine eigene Abteilung, die den Titel „Evakuierung“ trägt. Hansjörg Noe hielt dazu in Bad Bellingen einen Vortrag. Erwartet wurden 40 Zuhörer – es kamen aber rund 100. Kurzfristig musste die Veranstaltung in den Kursaal umziehen.

Noe erinnerte zunächst daran, dass die drei Evakuierungen unter unterschiedlichen Vorzeichen stattfanden und zudem im Nazi-Jargon, der den negativen Beigeschmack des Wortes Evakuierung vermeiden wollte, „Rückführungen“ hießen – Rückführung ins Hinterland sozusagen. Die erste Evakuierung, die am 3. September 1939 begann, verlief geordnet und organisiert. Die Bewohner der Rheindörfer wurden bis ins Kleinwalsertal gebracht. Ihr Vieh mussten sie zurücklassen, es wurde von wenigen Personen versorgt, die zurückgeblieben waren. „Im Winter durften die Evakuierten zurück in ihre Heimat – bei einem der letzten Transporte passierte das schreckliche Zugunglück von Markdorf kurz vor Weihnachten 1939, bei dem mehr als 100 Menschen aus den südbadischen Rheindörfern ums Leben kamen“, sagte Noe.

Die zweite Evakuierung fand mit Beginn des Frankreich-Feldzugs im Mai 1940 statt. Diesmal zogen die Bürger aus den Rheindörfern, vielfach mit ihrem Vieh nur Richtung Kandern, Steinen und Südschwarzwald. Die Dörfer entlang des Rheins wurden von Frankreich aus bombardiert und mit Granaten beschossen. Noe zeigte hier ein Bild aus Haltingen, bei dem nur noch die Kamine aus den Hausruinen ragten und erwähnte die schnellen Wiederaufbaumaßnahmen der Nationalsozialisten, denn diese ließen in Haltingen anstelle der zerstörten Häuser neun riesige Bauernhöfe bauen.

Bei der dritten Evakuierung 1944, als die Alliierten auf dem Vormarsch auf den Rhein waren, hieß es dann nur noch „Rette sich, wer kann“. „Da nutzte auch der rund 630 Kilometer lange Westwall mit seinen 18 000 Bunkern nichts“, sagte Noe mit dem Hinweis darauf, dass Hitler noch vor Kriegsbeginn unter dem Jubel der Bevölkerung die Festung Isteiner Klotz besucht hatte.

Eberhard Stotz, Vorsitzender des Museumsförderkreises, und Noe erläuterten im Anschluss an den Vortrag zusammen, wie wichtig es sei, immer noch über die Evakuierungen der Rheindörfer zu sprechen – die diese mitgemacht hätten, würden auch Verständnis für die neuen Flüchtlinge in Europa aufbringen, war Stotz überzeugt. „Man muss darüber reden – auch um Kriege zu verhindern“, war sich Hansjörg Noe sicher.

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