Basel Alle lieben „Emil“ – bis heute

Die Oberbadische
Auch mit 84 ständig erfolgreich auf der Bühne: Emil Steinberger Foto: Heiko Trefzger Foto: Die Oberbadische

Interview: Kabarettist Emil Steinberger begeistert auch mit 84 Jahren noch sein Publikum

Basel. Seine Vorstellungen sind bis Ende des Jahres nahezu ausverkauft. Überrascht zeigte sich der Schweizer Kabarettist Emil Steinberger über den großen Anklang, den seine in den 70er Jahren erfundene Figur „Emil“ heute noch – sogar bei jungen Leuten – findet.

Im Theater Fauteuil in Basel spielt er derzeit fast täglich, drei Stunden lang, während denen die Besucher gar nicht mehr aus dem Lachen herauskommen. Im Alter von 84 Jahren kommt Emil genauso gut herüber wie je zuvor. Er meistert die Mammutvorstellungen problemlos und konnte sich trotzdem zuvor sogar noch Zeit nehmen für ein Interview mit Heiko Trefzger.

Frage: Wie fühlt es sich an, nach über 50 Jahren noch immer auf der Bühne zu stehen?

Ich sehe keine großen Unterschiede zwischen damals und heute. Es macht immer noch Spaß, weil die Leute so lachen können bei mir. Die Nummern, die ich jetzt im Programm spiele, haben genau das gleiche Echo wie vor 50 Jahren. Ich bekomme Feedback von den Menschen, dass heutzutage drei Stunden Lachen am Stück einfach gut tut.

Frage: Fällt es Ihnen leicht, sich mit 84 Jahren nochmal dem Tournee-Stress auszusetzen?

Es tut sich leichter, weil meine Frau mich begleitet. Die ersten 20 bis 30 Jahre war ich stets alleine auf Tournee. Das war größerer Stress. Aber es ist schon streng. Doch weil das Programm überall voll funktioniert – entschädigt das einen.

Frage: Hätten Sie damit gerechnet, dass die von Ihnen erfundene Figur „Emil“ aus den 70er Jahren nochmals so großen Anklang finden wird?

Ich hatte es eigentlich gar nicht vorgesehen. An meinem 80. Geburtstag wollte ich nur einen Abend im Kongresshaus in Luzern geben, um den Luzernen „Merci“ zu sagen und hatte dafür ein Programm zusammengestellt. Als es dann angekündigt wurde, war die Vorstellung mit 1500 Plätzen innerhalb einer halbe Stunde ausverkauft. Dann hat man eine zweite angesetzt, die ebenfalls gleich ausverkauft war und genauso die dritte und vierte. Die Leute haben während der Vorstellung Texte mitgesprochen und Freude dran gehabt. Das hat mich auf die Idee gebracht, ein Programm mit Dreiviertel alten und einem Viertel neuen Nummern zu machen.

Frage: Haben Sie den Emil der 70er Jahre auf die heutige Zeit angepasst?

Klassiker habe ich textlich überhaupt nicht angetastet. Das ist verboten, denn die Leute erwarten den Text und kennen ihn. Es gibt aber einige neue Nummern.

Frage: Sie sind vor drei Jahren gemeinsam mit Ihrer Frau nach Basel bezogen. Warum Basel und was verbindet Sie mit dieser Stadt?

Immer wenn ich bin Basel gespielt habe, hatte ich das Gefühl, dass die Basler aufgeschlossene und sympathische Leute sind. Zuvor waren wir fast 20 Jahre in New York ein bisschen Englisch plaudern, danach sind wir ins Welschland gegangen und haben 15 Jahre Französisch sprechen müssen. Wenn Du da ins Theater gehst, verstehst Du nur 70 Prozent, was immer schade ist – vor allem, wenn es Kabarett ist, die Leute lachen, und Du weißt nicht warum. Wir haben Hunger gehabt nach der Muttersprache, nach Schwyzerdütsch. Dazu kommt, dass Basel nicht übermäßig groß und kulturell interessant ist. Optimaler kann man es fast nicht treffen.

Frage: 2008 wurden Sie von der Luzern zum Ehrenbürger ernannt. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Das ist eine angenehme Angelegenheit. Es sind nur ganz wenige, die geehrt werden – es waren damals etwa fünf. Ist eine Seltenheit. Ich habe Einiges für die Stadt Luzern gemacht: Theater aufgebaut, Kino geführt und das kulturelle Leben sehr aktiviert. Daher war das ein „Merci“ der Stadt, und ich habe mich dann am 80. Geburtstag bedankt.

Frage: Als „Emil“ sind Sie auch vor dem Mauerfall mehrfach in der ehemaligen DDR aufgetreten. Haben Sie eine besondere Erinnerung an diese Zeit?

Das war eine spannende Sache. Ich habe in Berlin in der „Distel“ gespielt. Das hat funktioniert, weil die Leute „Emil“ durch Kassetten und teilweise auch Fernsehen kannten. Ich musste aber leider feststellen, dass in dieser Woche in der „Distel“ eigentlich nur politische Funktionäre zugelassen worden waren, aber nicht das normale Volk. Für die wollte ich dann nicht mehr spielen und habe abgesagt. Allerdings waren wir vor zwei Jahren wieder auf Tournee in der ehemaligen DDR.

Frage: Im bekannten Sportfilm „Feuer und Eis“ von Willy Bogner aus dem Jahr 1986 haben Sie die deutschsprachige Rolle des Erzählers übernommen. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Filmproduktion.

Per Zufall war ich bei Willy daheim. Er zeigte mir sensationelle Sportaufnahmen und war nicht sicher, ob er diese Arbeit abschließen solle und wie eine Geschichte dazu aussehen könnte. Dann haben wir drum herum eine Geschichte erfunden, und ich habe diese dann noch synchronisiert auf meine Art. War ein toller Film, eine Topleistung zur damaligen Zeit.

Frage: In Deutschland geben Sie den „Emil“ auf Hochdeutsch, in der Schweiz in Schwyzerdütsch. Fällt Ihnen die Umstellung schwer?

Jetzt nicht mehr. Die ersten Vorstellungen in einer „fremden“ Sprache sind sehr hart. Im Dialekt spielt man viel lebendiger, man hat kleine Füllwörter; sobald es Hochdeutsch ist, sind es klare Sätze, die stimmen müssen. Die Leute, die mich in Deutschland hören, kommen in die Schweiz und verstehen kein Wort. Und sie wissen nicht wieso, weil sie doch „Emil“ verstehen und er doch in Dialekt spielt. Aber das ist natürlich kein Dialekt!

Frage: Haben Sie Zukunftspläne? Haben Sie vor, die „Emil“-Figur weiterzuentwickeln?

Keine Ahnung. Ich plane bis Ende Jahr. Die Tourdaten sind gefällt. Dann schaue ich weiter. Um etwas Neues zu schaffen, braucht es immer wieder eine Ruhephase. Während des Tournee-Stresses funktioniert das nicht.

  Am 11. und 12. November finden Vorstellungen im Gloria Theater Bad Säckingen statt; weitere Infos unter: www.emil.ch

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading