Basel Blick auf schöpferischen Prozess

Die Oberbadische
Einige doppelt verwendete Blätter können von beiden Seiten betrachtet werden.           Foto: Dorothee Philipp Foto: Die Oberbadische

Kunstmuseum: Ausstellung „Der verborgene Cézanne“ im Neubau des Museums / Neue Lichttechnik

Von Dorothee Philipp

Basel. Was könnte bei Cézanne, einem der bedeutendsten Maler der Kunstgeschichte, geheim sein? Die neue Ausstellung im Neubau des Basler Kunstmuseums gibt Antwort: Wir lernen hier tatsächlich einen „verborgenen“ Künstler kennen, dessen Skizzen und Zeichnungen den schöpferischen Prozess und die Vorgeschichte zu vielen seiner weltberühmten Bilder aufzeigen und uns eine neue „frische“ Sichtweise darauf ermöglichen, wie Kuratorin Anita Haldemann bei der Vorbesichtigung durch die Medien gestern erklärte.

Die Ausstellung findet nicht ohne Grund in Basel statt, hat doch das Kupferstichkabinett des Kunstmuseums die weltweit bedeutendste Sammlung von Zeichnungen Cézannes, 154 Blätter, von denen 75 auch auf der Rückseite mit Skizzen und Zeichnungen versehen sind. Seit 30 Jahren sind diese Blätter nun erstmals wieder öffentlich zu sehen, nicht zuletzt auch dank des technischen Fortschritts in der Beleuchtung der Ausstellungsräume, eines der ganz großen Probleme beim Zeigen solch fragiler Exponate. Die neue Lichttechnik im Neubau macht das nun möglich.

Mit der Ausstellung rückt auch ins Bewusstsein, wie hoch die Verdienste des Basler Kunstmuseums um den Nachlass Cézannes sind. Schon 1934 und 1935 kaufte das Museum zwei große Konvolute mit insgesamt 141 Werken von dem Schweizer Kunsthändler Werner Feuz mit finanzieller Unterstützung des Sammlerehepaars Martha und Robert von Hirsch. 111 Blätter stammen aus fünf verschiedenen Skizzenbüchern, aus denen sie ausgelöst und einzeln verkauft wurden. Die Erforschung und Zuordnung dieser Werke ist ein weiteres spannendes Kapitel, das jetzt aufgeschlagen wird.

Ein besonderer Höhepunkt diesbezüglich ist ein vollständig erhaltenes Skizzenbuch, das seit 1951 im Art Institute of Chicago aufbewahrt wird und jetzt als Leihgabe gezeigt werden kann. In einer ausliegenden Faksimile-Ausgabe können die Besucher darin blättern und viele Entdeckungen machen.

So zum Beispiel, dass Cézanne das Buch immer wieder anders in die Hand nahm, so dass manche Motive auf dem Kopf zu stehen scheinen. Zehn Jahre hat er immer wieder darin gezeichnet. Etliche der beidseitig bearbeiteten Blätter sind gerahmt und von beiden Seiten einsehbar auf Stelen ausgestellt, so dass man einen unmittelbaren Eindruck von der Textur des Papiers und von seiner Transparenz erhält, die die Gegenseite durchschimmern lässt.

„Die Zeichnungen sind das Rückgrat von Cézannes Malerei“, betonte Kuratorin Haldemann. Hier hinterfrage der Künstler die Eigenschaften von Farbe und Linie und setze sich mit seiner Herangehensweise über die damals herrschende Schule des Zeichnens und Malens hinweg. Deutlich wird das beispielsweise bei seinen Studien, die er im Louvre nach den Alten Meistern anfertigte, wobei er immer neue Optionen der Darstellung entwickelte. Im Raum vier der Ausstellung begegnen wir Cézanne als Kopisten im Louvre, dessen besonderes Interesse den Skulpturen der Antike und Gemälden bis ins 18. Jahrhundert galt. Cézanne nutzte dabei das Nachzeichnen als Mittel, sein eigenes Sehen zu beobachten. Bemerkenswert ist, wie er im Laufe seines Lebens die Wahl seiner Motive immer mehr fokussierte auf Landschaften, Stillleben, Badende und Porträts.

So ist einer der neun Ausstellungsräume komplett dem Thema „Badende“ gewidmet. Gestik und Körperhaltung der Figuren standen hier für den Maler im Mittelpunkt. Die Porträts und der „Harlekin“ füllen einen weiteren Raum und eröffnen einen Blick in die intime, menschliche Seite des Malers, der am häufigsten seine Frau und seinen Sohn oder auch Malerkollegen in unzähligen Skizzen porträtiert.

Im letzten Raum „Die Landschaft auf Leinwand und Papier“ zeigt die Ausstellung unter anderem eine Reihe von Ölbildern aus dem Bestand des Kunstmuseums, wie „Das Taubenhaus von Bellevue“. Ergänzt wird die Ausstellung durch 53 hochkarätige Leihgaben, die die einzelnen Aspekte vertiefen wie der „Harlequin“ aus der National Gallery of Art in Washington. „Der verborgene Cézanne - Vom Skizzenbuch zur Leinwand“ Kunstmuseum Basel, 10. Juni bis 24. September; www.kunstmuseumbasel.ch

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Ein umfangreiches, teilweise interaktives Begleitprogramm rundet das Thema ab.

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