Basel Dem „Herzstück“ droht der Infarkt

Die Oberbadische

Durchmesserlinie: Eisenbahngesetz erweist sich als Stolperstein

Von Michael Werndorff

Jenseits der kontroversen Debatte um die bauliche Umsetzung der unterirdischen Durchmesserlinie hat das „Herzstück“ in Bundesbern einen Rückschlag erfahren. Jetzt könnte das Milliardenprojekt sogar auf die lange Bank geschoben werden, obwohl sich der Große Rat von Basel-Stadt für eine Vorfinanzierung ausgesprochen hat und das 30 Millionen Franken teure Vorprojekt bereits läuft.

Basel. Weil Regional- und Fernverkehrszüge in den Endbahnhöfen SBB und Badischer Bahnhof wenden und Reisende wie Pendler zudem viel Zeit verlieren, ist eine Entwicklung einer trinationalen S-Bahn deutlich erschwert. Mit einem unterirdischen Tunnel unter der Basler Innenstadt, Herzstück genannt, sollen die beiden Bahnhöfe zukünftig miteinander verbunden werden. Laut Plan kann der Tunnel frühestens ab dem Jahr 2035 die Lücke im Netz zwischen den beiden Bahnhöfen schließen und die Voraussetzungen schaffen, dass die Züge der trinationalen S-Bahn als Durchmesserlinien quer durch die Region fahren können.

Der Optimismus des Basler Großen Rats hat jetzt aber einen erheblichen Dämpfer erfahren: Grund ist, dass die von der Basler Regierung und dem Großen Rat angestrebte Vorfinanzierung des rund drei Milliarden Franken teuren Infrastrukturprojekts nicht die gewünschte Wirkung in Bundesbern zeigen könnte. Damit würde die Planungssicherheit in weite Ferne rücken.

Eigentlich war es das Ziel, mit einer Vorfinanzierung – hier handelt es sich immerhin um ein Darlehen in dreistelliger Millionenhöhe – dem Großprojekt Aufwind zu verleihen und so vor dem Hintergrund der in der Schweiz zu verteilenden finanziellen Mittel – es geht um bis zu zwölf Milliarden Franken für Bahn-Infrastrukturprojekte in der Ausbauvariante II bis 2035 – eine starke Verhandlungsposition einzunehmen.

Doch wie sich jetzt zeigt, stolpern die Basler Bemühungen über Artikel 58c des Eisenbahngesetzes: „Die Eisenbahnunternehmen können mit den betroffenen Kantonen und Dritten Vereinbarungen über die Vorfinanzierung derjenigen Maßnahmen abschließen, deren Realisierung oder Projektierung von der Bundesversammlung beschlossen worden ist. Die Vereinbarungen bedürfen der Genehmigung des BAV.“ Das bedeutet, dass für die Forcierung eines Projekts in Form eines Darlehens die Zustimmung des Parlaments eine wesentliche Voraussetzung darstellt. Außerdem soll durch diese Regel verhindert werden, dass finanzstarke Kantone mittels Vorfinanzierung die Entscheidungshoheit des Parlaments beeinflussen.

Allerdings sind die Signale aus Bern nicht ganz überraschend: „Diese entsprechen unseren Erwartungen. Es ist ein Fakt, dass Kantone nur Projekte vorfinanzieren können, die vom Parlament in den Ausbauschritt aufgenommen wurden. Und diese Aufnahme ist unser Ziel“, teilte Hans-Peter Wessels, Vorsteher des Basler Bau- und Verkehrdepartements, gestern auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Und weiter: „Die Dringlichkeit des Herzstücks wird durch den Willen zur Vorfinanzierung noch unterstrichen. Die Vorfinanzierung kann helfen, dass zumindest ein Teil des Herzstück-Projekts Eingang in den Ausbauschritt 2030/35 findet.“

Laut Heinrich Ueberwasser, SVP-Großrat und Districtsratspräsident, brauche es jetzt eine Offenlegung der Stärken, aber auch Schwächen sowie der Chancen und finanziellen Risiken des Herzstücks. So müsse das Herzstück auch in den trinationalen Gremien verstärkt thematisiert werden, erklärte er auf Nachfrage unserer Zeitung.

„Die Signale aus Bundesbern sind ein Weckruf für die trinationale Region: Wir müssen Bundesbern zeigen, dass die trinationale Zusammenarbeit imstande ist, eine vielleicht weltweit einmalige Infrastruktur aufzubauen, die den Menschen, der Wirtschaft und der Umwelt zugutekommt und dass wir technische und finanzielle Herausforderungen offen benennen und gemeinsam zu lösen imstande sind.“

Auf die Trumpfkarte Vorfinanzierung angesprochen sagte er, dass diese nur Mittel zum Zweck und ein Zwischenschritt darstelle – mehr nicht. Für Wessels ist die Bereitschaft zur Vorfinanzierung von Seiten des Kantons Basel-Stadt indes ein starkes Signal. Ueberwasser gehe es als Regionalpolitiker beim Herzstück darum, die trinationale Region optimal an den S-Bahn und den Fernverkehr anzubinden sowie den Güterverkehr vom Personenverkehr möglichst zu trennen. Ob im Basler Baudepartment Fehler geschehen sind, wisse der SVP-Politiker nicht. Allerdings stelle er in der Politik eine Verschärfung der Tonart fest und eine sinkende Bereitschaft, Probleme wie auch eigene Fehler offenzulegen. „Das müssen wir ändern: Es braucht Zusammenarbeit, Gemeinsinn und das Denken in Varianten“, fordert der Districtsratspräsident.

Jetzt können die Verantwortlichen in Basel nur darauf hoffen, dass der Bund die Vorgaben nicht zu eng fasst. Der Präsident des Districtsrats hofft, bei der nächsten Plenarsitzung mit dem Basler Baudepartement und Anderen eine Auslegeordnung machen zu können. „Ich freue mich, wenn es uns gelingt, den geschilderten Zielen des Herzstücks ein Stück näherzukommen. Für mich ist der Districtsrat des Trinationalen Eurodistricts Basel das Herzstück der trinationalen Zusammenarbeit“, betonte Ueberwasser.

Und auch für Wessels steht fest: „Wir müssen einen unbestrittenen Fakt unaufhörlich nach Bern tragen und in den Köpfen der Bundesparlamentarier verankern: Die trinationale S-Bahn muss dringend ausgebaut werden – der dynamischste Wirtschaftsraum der Schweiz braucht jetzt eine Durchmesserlinie.“

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