Basel Effektvoll für Augen und Ohren

Die Oberbadische
Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Konzert: Kammerorchester Basel in der Martinskirche mit „Moz-Art à la Haydn“ und Schostakowitsch

Basel. Töne aus dem Off. Fortissimo. Licht an. Eine Haydn-Melodie. Zwei Violinen im Wettstreit. Melodiefetzen. Zitate aus der Klassik. Klangcollagen. Stellungswechsel der Musiker mit Notenständern. Expressives Spiel der zwei Solisten. Licht aus. Abgang der Musiker. Liegetöne der beiden Geigen. Die Solisten verlassen als letzte das Podium.

So könnte man in Form von Regieanweisungen (in einer Partitur) „Moz-Art à la Haydn“ von Alfred Schnittke beschreiben. Das Ganze erinnert an Haydns Abschiedssinfonie. Inszeniert wurde das „Spiel mit Musik für zwei Soloviolinen, Streichorchester und Dirigent“, wie es im Untertitel heißt, im jüngsten Konzert mit dem Titel „Alliance Franco Russo“ des Kammerorchesters Basel.

Das doppelbödige Stück entstammt einer ganzen Werkreihe mit „Moz-Art“ für unterschiedliche Besetzungen des russischen Komponisten und bezieht sich immer auf das gleiche Mozart-Fragment: eine Violinmelodie aus der nicht vollendeten Faschings-Pantomime. Es ist typischer Schnittke, Mischkunst, eine Spielart seiner Polystilistik, man könnte sagen: ein Stilbruch-Stil.

Bei dieser von Mozart und der Klassik inspirierten Humoreske verknüpft Schnittke Zitate, werden Melodiefetzen collagiert, die Genres zerlegt und wieder neu kombiniert, immer das Thema des Melodiefragments im Ohr. Nicht von ungefähr gehört „Moz-Art“ zu den bekanntesten und beliebtesten Werken von Schnittke und wird recht häufig in Konzertprogrammen aufgeführt.

Der szenische Aspekt ist dabei aber wichtig. In Basel waren die beiden Violinsolisten der bekannte französische Geiger Renaud Capuçon, der mit dem Kammerorchester eine künstlerische Partnerschaft eingegangen ist und die Leitung hatte, sowie Daniel Bard an der ersten Violine.

Steigerungsdramatik und Ausdruckskurve

Die szenischen Effekte machten wirklich Effekt, auch die Gruppenaufstellungen und die Beleuchtung (in der an sich schon schwach beleuchteten Martinskirche). Beide Geiger musizierten sehr intensiv, in bester Kommunikation und Dialogbereitschaft, so dass dieses Eingangsstück den Zuhörern ein Schmunzeln und viel Bewunderung entlockte.

Im Zentrum stand aber Schostakowitschs für David Oistrach geschriebene Violinsonate, ein sperriges, nicht leicht zugängliches Stück Musik, gedankenschwer und spieltechnisch vertrackt, das von den Interpreten wie von den Zuhörern viel konzentrierte Aufmerksamkeit abverlangt. Als für Violine, Schlagzeug und Streichorchester arrangiertes Kammermusikwerk stellt es eine interessante Repertoire-Bereicherung dar, zumal es in künstlerischer Hinsicht voll überzeugt.

Die Steigerungsdramatik und Ausdruckskurve in den drei Sätzen zu den Höhepunkten hin war enorm. Faszinierend Capuçons Doppelgriffspiel im ersten Satz, seine Ausdrucksintensität in den Violinarpeggien und Flageoletts. Spannend der Trommelrhythmus im zweiten Satz an kleiner und großer Trommel (Schlagzeug: Julien Annoni) und wieder die wilden Doppelgriffe der Geige, die Sforzati, die Entwicklung bis ins Katastrophische des brachialen, abrupten Schlusses. Im dritten Satz dann rasende Violinpassagen mit Solokadenz und eine erregende Pizzicato-Stelle: ein Violinpart zwischen Gesang und Aufschrei.

Das begleitende Kammerorchester war sehr expressiv beteiligt, die Musiker saßen reaktionsbereit auf der vorderen Stuhlkante. Darauf konnte das „Souvenir de Florence“, ein beliebtes Repertoirestück von Tschaikowsky – original für Streichsextett, das in größerer Besetzung für Streichorchester noch mehr Wirkung entfaltet –, nur Balsam für die Seele sein.

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