Basel Ein Rennen unter schwierigen Bedingungen

Die Oberbadische
Foto: Michael Werndorff Foto: Die Oberbadische

Basler Physiker wollen das erste „Nanocar-Race“ gewinnen

Weder Rennoverall, noch Benzingeruch oder ohrenbetäubendes Motorengeheul. Nichts deutet im Physiklabor der Universität Basel auf ein nervenaufreibendes Autorennen hin. Und doch bereiten sich hier Forscher auf ein ganz besonderes Kräftemessen vor: Sie werden am ersten Nanocar-Autorennen der Welt teilnehmen.

Von Michael Werndorff

Basel. Alles spielt sich auf molekularer Ebene ab, wie Physiker Thilo Glatzel erläutert. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Schweizer Tems, die Wissenschaftler Rémy Pawlak und der Lörracher Tobias Meier werden das mit bloßem Auge nicht sehbare Gefährt steuern. Bei diesem handelt es sich um ein eigens von Chemikern der Uni Basel angefertigtes Molekül, das besonders gute Renneigenschaften besitzt, wie Pawlak sagt. Während die Amerikaner mit einem vergleichsweise großen Molekül an den Start gehen, das tatsächlich der Form eines Automobils ähnelt, setzen die Basler indes auf eine schnittige Dreiecksform. Sogar an einen Spoiler wurde gedacht, um dem Molekül die nötige Haftung zu verleihen. Dieses sei leichter zu bewegen, weiß Pawlak um die Vorteile des Basler Vehikels. „Die Chance, das Rennen zu gewinnen, ist hoch.“ An der Rückseite des Renners sitzen nämlich Stickstoffatome, die per Stromzufuhr mittels Sonde eines Rastersondenmikroskops nach rechts oder links steuern. Das Rennen findet in einem 800 Kilogramm schweren Ungetüm statt, und zwar auf einer Unterlage aus purem Gold, wie Glatzel erläutert. Und wie bei einem echten Rennen, kann es auch zu Unfällen kommen, zum Beispiel, wenn ein Molekül auf der Unterlage mit einem anderen Objekt kollidiert, von der Strecke abkommt oder einfach nicht mehr von der Stelle will. Und auch an einen möglichen Boxenstopp wird gedacht, sagt Glatzel schmunzelnd. „Ob wir bei einem Crash mit einem neuen Auto wieder ins Rennen dürfen, steht allerdings noch nicht fest.“ Noch müsse im Vorfeld einiges geklärt werden.

So ungewöhnlich wie die Idee des Rennens ist, so sind auch die Bedingungen, unter denen der winzige „Swiss-Nano-Dragster“ den Parcours meistern soll: Gefahren wird nämlich bei minus 269 Grad Celsius und einem Vakuum, das noch besser ist als im Weltall. Auch die Größenverhältnisse sind außergewöhnlich, bemüht sich Glatzel um einen Vergleich, der Laien eine wage Vorstellung gibt: „Es ist zehnmal einfacher vom Mond aus einen Fußball auf der Erde zu sehen, als ein Molekül, wenn dieses direkt vor einem liegt.“ Mit dem Swiss-Nano-Dragster werden die Physiker am 14. und 15. Oktober in Toulouse ins Rennen gehen und mit Mannschaften unter anderem aus Japan, Frankreich und den USA konkurrieren. Natürlich steht hinter dem spaßigen Rennen ein ernster Gedanke: Die Physiker wollen für ihre Grundlagenforschung im Nanobereich werben und auch ihre Daseinsberechtigung angesichts der fließenden EU-Fördergelder untermauern. Glatzel beschäftigt sich unter anderem mit der Photosynthese, also der Energiegewinnung von Pflanzen durch Sonnenlicht. „Es geht darum, Grundlagen zu verstehen“, schwärmt der 44-jährige Deutsche, der seit elf Jahren in Basel arbeitet. So könne im Rahmen der Forschung vielleicht ein besserer Prozess gefunden werden, als jener, den die Natur entwickelt hat. Besonders leistungsstarke Nanocomputer wären dann auch irgendwann einmal Realität. „Die Möglichkeiten sind jedenfalls groß, und die Entwicklung schreitet schnell voran.“ Das Wettrennen soll dazu beitragen, Interesse an diesem Forschungsbereich zu wecken. Doch zuvor steht noch ein Training auf der Agenda, damit alle Handgriffe sitzen und jeder Fahrer genau weiß, was er zu tun hat, wenn im Oktober der Startschuss fällt, und der Rennwagen hoffentlich das hält, was er verspricht: den Sieg.

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