Von Jürgen Scharf Basel. „Le Jazz“ hat Spaß gemacht. Nicht nur Robert Kolinsky, dem Gründer und künstlerischen Leiter der Basler Martinu-Festtage, sondern auch dem Publikum im ausverkauften Saal des Volkshauses. Kolinsky hat sich diesen einmaligen Schlager von Bohuslav Martinu, den sonst niemand spielt, sehnlichst gewünscht. Gespielt hat ihn eine Big Band, wie sie in der Swing-Ära nicht besser geklungen haben kann: die Melody Makers mit Ondrej Havelka als Frontmann und Bandleader. Noch nie etwas von den Melody Makers gehört" Da ging es selbst einem Musikkenner mit tschechischen Wurzeln wie dem Pianisten und Festivalmacher Kolinsky nicht anders. Man kennt zwar das Glenn Miller Orchestra von Wil Salden, und in der Schweiz Pepe Lienhard als Big Band. Aber dieses tschechische Orchester ist ein Geheimtipp. Extra fürs Festival haben sie Herzstücke von Bohuslav Martinu einstudiert. Nicht nur diesen waschechten Schlager, den der Komponist im Wettstreit mit seinem tschechischen Kollegen Jaroslav Jezek (Bugatti-Step) komponiert hat, sondern auch den Charleston aus dem Ballett „Küchenrevue“, dem meistgespielten Kammermusikwerk Martinus. Die Tschechen haben das Sextett kurzerhand für ihre größere Besetzung arrangiert. Die Musik ist aber auch richtig unverblümt geschrieben! Der Jazz – damals nannte man die ganze Unterhaltungsmusik so – hat Martinu zu diesen Hits inspiriert. Die drei Sänger, die darin auftreten, sind originaler Martinu. Rozálie Havelková, Vojtech Havelka und Ondrej Havelka waren die charmanten Interpreten in dieser Liebesgeschichte zwischen Topf und Deckel. Aber auch sonst legt dieses Orchester bei seinem Revival einen ordentlichen Swing vor. Jeder einzelne der Musiker ist ein Original. Der Auftritt wirkte sehr authentisch, man fühlte sich in die populäre Musik der Swing-Ära zurückversetzt. Und nett war, dass sie neben den reizenden Martinu-Petitessen auch Jezek, den „tschechischen Gershwin“, ins Programm genommen haben. Zudem war der Abend eine gelungene Show, bis ins kleinste Detail choreografiert. Was diese tschechische Big Band von anderen unterscheidet, ist nicht das breite Spektrum ihres Repertoires, sondern vielmehr, dass sie Humor in die Show reinbringen und sentimentale Melodien mit Witz und ironischer Distanz genießbar machen. Das war also der flotte Abschluss der diesjährigen Martinu-Festtage, die es seit 1995 gibt, und die wieder überaus erfolgreich und sehr gut besucht waren. Allein schon das Eröffnungsstück, die surrealistische Oper „Tränen des Messers“, verbunden mit Martinus Jazzsuite und Kurt Weills Mahagonny-Songspiel, lockte 400 Besucher ins Tinguely-Museum. Hier war es eine kleine Sensation, dass Oscar-Preisträger Jiri Menzel diese selten gespielte Kurzoper mit sehr genauer Personenführung als Komödie, und nicht wie sonst üblich dramatisch, inszenierte – ein Freundschaftsdienst, denn Kolinsky hat selber einen Film über Menzel gedreht. Dennoch war es ein Abenteuer, diesen Opernabend ins Museum zu bringen. Leider wurde er nur einmal gegeben, aber jede Veranstaltung soll ein Unikat, eine Perle bleiben. „Damit fahren wir am besten“, so Kolinsky. Neben dieser Vorstellung mit dem Ensemble Metropolis, Kolinsky am Klavier und seiner Frau am Saxofon, war der große Geiger Thomas Zehetmair im Gare du Nord zu Gast. Auch ein wichtiger Abend, und hier sehr greifbar mit Kammermusik fürs Wohnzimmer.