Basel Ihren letzten Flug hat sie lange hinter sich

Die Oberbadische

Flugzeugclub: Eine Basler Gruppe von Helfern restauriert eine historische Vickers 600 Viking

Von Adrian Steineck

Für eine solche Sache müsse man verrückt sein, sagt Marcel Tschudin mit einem Augenzwinkern. Die „Sache“, das ist in diesem Fall etwas Seltenes und deshalb Erhaltenswertes: eine restaurierte Vickers 600 Viking, ein Flugzeug, von dem heute geschätzt nur noch sechs Exemplare weltweit erhalten sind.

Basel. Ähnlich wie in Märchen und Mythen, wo der Weg zu seltenen Schätzen häufig durch einen Geheimgang führt, geht auch die Fahrt vom EuroAirport (EAP) aus durch Bereiche, die sonst nicht ohne Weiteres zugänglich sind. „Die Flughafendirektion hat uns einen Platz etwas abseits zur Verfügung gestellt, sodass wir die Sicherheitskontrollen nicht durchlaufen müssen“, erzählt Tschudin. Denn das wäre ein großer Aufwand, müssten er und seine Mitstreiter vom Vintage Aircraft Club (VAC) doch andernfalls jedes Mal ihre Werkzeuge vorzeigen.

Seit dem Jahr 2003 ist ein fester Kern von Helfern aus der Schweiz und Deutschland damit beschäftigt, ein Stück Luftfahrtgeschichte zu erhalten. Die Vickers 600 Viking war das erste zivile Flugzeug Europas, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Betrieb ging. Das hatte ganz pragmatische Gründe, wie Peter Peyer vom VAC darlegt. „Die Fluggesellschaft British-European Airways, aus der später die British Airways hervorging, baute die englischen Vickers Wellington-Bomber, für die es nach dem Krieg kaum noch Bedarf gab, zu zivilen Flugzeugen um.“ Das Heck, in dem vorher nur Bomben Platz finden mussten, wurde erweitert, das Flugzeug bot jetzt bis zu 36 Passagieren Platz.

Peyer ist so etwas wie der Geschichtsexperte der Gruppe von etwa zehn Helfern, die sich immer samstags auf dem Stellplatz beim EAP treffen, um Geschichten auszutauschen und Hand an das Flugzeug zu legen. In den vergangenen 14 Jahren wurde die Maschine, die bei ihrer Ankunft in Basel ein komplettes Wrack war – die Fenster waren leere Höhlen, das Cockpit vollkommen kaputt – in mühevoller Detailarbeit wieder hergerichtet.

Maßgeblich daran beteiligt ist Wolfgang Neumann, der das Flugzeug im Musée National de l’Automobile, der früheren Sammlung Schlumpf, in Mulhouse begutachtet hat. Neumann, der selbst viele Jahre beim EAP tätig war, erkannte den historischen Wert des Flugzeugs. Allerdings bedurfte es noch einiger Überzeugungsarbeit von Seiten des Flughafenmanagements, damit die Überreste der Viking aus Frankreich in die Schweiz transportiert werden konnten. „Es gelang schließlich mit dem Argument, dass das Flugzeug zwar im schweizerischen Zollbereich, aber immer noch auf französischem Gebiet stehen würde“, schmunzelt Neumann.

Damit ist die Vickers 600 Viking an den Ort zurückgekehrt, von dem aus ihre Schwestermaschinen in ihrer Glanzzeit oftmals starteten und landeten. Denn auch die schweizerische Fluggesellschaft Balair hatte mehrer Vikings im Einsatz, die sie von der deutschen LTU erworben hatte. Das Exemplar, das in Basel restauriert wird, wurde im Jahr 1946 ins britische Luftfahrtregister eingetragen und trat seinen letzten Flug sieben Jahre später an. Im Jahr 1953 kam es zu einem Unfall auf dem Rollfeld von Paris-Le Bourget, nachdem beim Start ein Pneu des Hauptfahrwerks nach Kontakt mit einem Metallteil abgebrochen war. Verletzt wurde zwar niemand, das Flugzeug aber musste aus versicherungstechnischen Gründen als Totalschaden abgeschrieben werden.

Von den Vickers 600 Viking-Maschinen selbst waren im Sommer des Jahres 1960 noch etwa 100 Maschinen im Einsatz. Zwölf Jahre später waren es gerade noch zwei, die in Frankreich als Frachter fungierten. Technisch ausgereiftere und komfortablere Passagiermaschinen hatten die Baureihe abgelöst.

Fliegen wird diese Vickers 600 Viking nie mehr. Das ist auch nicht das Ziel der Flugzeugfreunde vom VAC. „Wir wollen die Maschine als Ausstellungsstück herrichten“, sagt Tschudin.

Der Weg dorthin ist zu einem guten Teil zurückgelegt, fände sich ein passender Ort, könnte das Flugzeug noch heute abtransportiert und vor Ort noch einmal lackiert und fertig zusammengesetzt werden. Das Cockpit und die Passagierkabine sind weitgehend authentisch wiederhergestellt worden, lediglich die Flügel müssten wieder angesetzt werden.

Es gibt aber Hoffnung: So planen die Verantwortlichen beim EAP offenbar die Einrichtung eines Museums, mit dem sie nach dem Vorbild anderer großer Flughäfen der Welt ihre Geschichte beleuchten wollen. „Das wäre für uns natürlich der erste Ort der Wahl“, sagt Tschudin. Denn zur Geschichte der Luftfahrt im Dreiländereck gehört auch die Vickers 600 Viking.

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