Basel Im Fremden das Eigene entdecken

Die Oberbadische
Dichter zwischen den Kulturen und Sprachen: José F.A. Oliver beim Lyrikfestival     Foto:Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

José F.A. Oliver erhält Basler Lyrikpreis /  Dichter mit Innovationskraft und Mut

Von Jürgen Scharf

Basel. Er musste 53 Jahre alt werden, bis es ihm gelang, ein Schwarzwaldgedicht zu schreiben. Dabei wurde José F.A. Oliver 1961 in eine andalusische Gastarbeiterfamilie in Hausach im Kinzigtal geboren. Seine literarische Produktion ist eine einzige Spurensuche nach seiner mehrsprachigen und mehrkulturellen Herkunft. Für sein beeindruckendes Werk, das „traditionsbewusst und innovativ zugleich“ (die Jury) zwischen Sprachen und Kulturen pendelt, erhielt Oliver am Samstag aus den Händen des Schriftsteller-Kollegen und Präsidenten des Vereins Internationales Lyrikfestival Basel, Rudolf Bussmann, den mit 10 000 Franken dotierten Basler Lyrikpreis.

„Ich und fremd“ beginnt schon ein frühes Gedicht von José Oliver, das von einem Ich handelt, das sich in der Sprache auf die Suche begibt, um eine neue Heimat zu finden, eine Suche nach identitätsstiftenden Orten. Oliver entdeckt im Fremden das Eigene und umgekehrt. Seine Texte kreisen darum, Verständnis für das Fremde zu entwickeln. „Mein andalusisches Schwarzwalddorf“ heißt ein ebenso origineller wie paradoxer Titel eines Essaybandes des „Pendelschreibers“, der zwischen den Kulturen und dialektalen Färbungen des Alemannischen und Andalusischen pendelt.

Konsequent klopft Oliver die Sprache ab und kreiert aus dem spanischen „La Luna“ (weiblich) und dem deutschen „Der Mond“ (männlich) „Die Mondin“. So hat er in mehreren Gedichtbänden einen ganz eigenen Ton gefunden. Der Dichter mit familiären Wurzeln in Málaga ist bisweilen versucht, die Sprache auf den Kopf zu stellen, schreibt dann „Wald-Schwarz“, oder er macht Sprachspiele mit Satzzeichen und trennt und verortet „Wort“ mit Doppelpunkt: „W:Ort“.

Über Olivers Intertextualität und poetologische Reflexionen machte sich Lyrikerkollege Rolf Hermann von der Basler Lyrikgruppe in seiner Laudatio so seine Gedanken, bevor der Hausacher Lyriker einige Gedichte von sich vortrug, ein Wiegenlied von Federico Garcia Lorca sang und zwei eindrückliche Lorca-Gedichte las, die er in die deutsche Sprache holen wollte.

Mit dem inzwischen zwölften Lyrikfestival, in dessen Rahmen die Preisverleihung im Literaturhaus eingebettet war – Oliver ist der siebte Preisträger –, wollen der Verein Lyrikfestival und die anno 1777 gegründete Basler Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (GGG) als Geldgeber die Lyriksparte einem breiteren Publikum öffnen. Dafür ist José Oliver genau der Richtige, ein Dichter mit Innovationskraft und Mut, dem es gelingt, gegen den Strom zu schwimmen.

Oliver, dessen erster Lyrikband vor bald 30 Jahren erschien, kuratiert jährlich das von ihm 1997 ins Leben gerufene Literaturfest „Hausacher LeseLenz“. Per Bus nach Basel angereist, waren 50 interessierte Literaturfreunde aus der Schwarzwaldgemeinde, die einen Kulturausflug vom Kinzigtal ans Rheinknie machten.

José Oliver freute sich über den „wunderbaren Preis“, der ihm sehr viel bedeute, weil er von Lyriker-Kollegen vergeben werde. Nach dieser Ehrung gab es eine Hommage zu Ehren der großen Dichterin Friederike Mayröcker, die wie keine andere die Lyrik befruchtet hat (siehe nebenstehenden Beitrag).

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