Von Jürgen Scharf Basel. Das lispelnde Klärchen schnappt sich den schönen Sigismund, Rechtsanwalt Siedler kriegt die Fabrikantentochter Ottilie, und die Rössl-Wirtin Josepha muss sich mit dem Oberkellner Leopold begnügen. Wir sind im Salzkammergut und da kann man gut lustig sein. So will es die Operette „Im Weißen Rössl“ von Ralph Benatzky, ein vielgespieltes Lustspiel. Wo ein Kaiser sommerfrischelt, am Wolfgangsee, da muss ja das Glück vor der Tür stehen. Doch vor dem Happy End gibt es noch eine Menge krachlederne Urlaubsatmosphäre und viele operettentypische Liebesturbulenzen. Die gute alte Zeit Gute Operettenunterhaltung ist immer eine Frage, wie es gemacht wird, wie wundervoll oder wie sentimental, wie witzig oder wie ironisch, ob fauler Zauber oder betagter Kitsch. Im Basler Tabourettli hält man mit der Neuproduktion des Singspiels dem Zuschauer zwar die gute alte Zeit vor, doch es wird kräftig satirisch dagegen inszeniert und die Figuren ironisieren sich selber. Das ist mit augenzwinkerndem Humor gemacht und zeigt die Fähigkeit von Regie und Choreografie (Martin Schurr), über sich selbst zu lachen. Natürlich lacht man darüber, wenn der maulende Trikotagenfabrikant Giesecke aus Berlin mit schnoddriger Berliner Schnauze das Frühstück beim Oberkellner bestellt oder mit seinem Kontrahenten, dem Rechtsanwalt Siedler (liest in der Zeitschrift „Men’s Health“: Marius Hatt) disputiert. Oder wenn Goldjunge Sigismund (in Motorradkluft: Martin Schnurr) mit seinem schüchternen Klärchen (Myriam Wittlin) flirtet, der der kleine Sprachfehler doch ganz entzückend steht. Zum Publikumsliebling avanciert der erzkomödiantische Roland Hermann als Oberkellner Leopold, wenn er der feschen, resoluten Rössl-Wirtin (Stephanie Verkerk) Kalbsaugen macht und sie zum Schluss doch noch rumkriegt. Frisch entstaubt sind einige komische Nummern wie die Badeszene mit Siedler und Ottilie (Isabel Florido als „Trikotagenengel“) hinter gelben Luftmatratzen oder ihr Rendezvous an einem „sinnlichen“ Ort wie dem Kuhstall. Das Männerterzett im Kuhkostüm („Eine Kuh, so wie du“) ist dann schon höhere Operettenblödelei. Darauf einen Rössl-Kräuterschnaps! Zwischen Zimmerbalkon und Kuhstall wird der Schlager „Die ganze Welt ist himmelblau“ herrlich persifliert und der Text von den Darstellern wirklich ironisch durchdrungen. Zu einer echten Satire auf Kaiser und Operettenschmonzette wird der Auftritt von Franz Joseph in St. Wolfgang, der wahrlich „aus dem Rahmen fällt“. Seine Majestät erscheint im Goldrahmen - eine köstliche Parodie, wie so vieles in dieser Produktion, die man auch Operettenverächtern empfehlen kann. Denn es ist nicht nur charmant gemachte Operettentändelei; das siebenköpfige Schauspielensemble spielt mit Witz und Pep und zeigt erhebliche Qualitäten als Singschauspieler. Das ist nie oberflächlich, sondern ein Humor mit ironischen Hakenschlägen. Natürlich darf es auch mal gefühl- und gemütvoll werden, „wenn die Musi spielt, holdrio!“, wie im Ländler-Ensemble „Im Salzkammergut“. Oder wenn Myriam Wittlin als Touristenführerin zum Akkordeon greift und der wackere Pianist und musikalische Leiter Andreas Binder, der die Gesangsnummern flott arrangiert hat, zu einem Volkstanz mit Lederhosen die Zither zupft. Nicht nur im Salzkammergut, auch in Basel kann man also gut lustig sein. So mit viel Witz aufgezäumt und frisch gestriegelt macht das „Rössl“ wieder Spaß! u  Weitere Aufführungen: 9. /10. sowie 14. bis 17. Mai. Mehr Informationen unter www.fauteuil.ch