Basel Opernwelt liebenswürdig-bissig persifliert

Die Oberbadische
Mamma Agata (Michele Govi, rechts) hat das Heft in der Hand in der turbulenten komischen Donizetti-Oper „Viva la Mamma“. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Opera Basel zeigt „Viva la Mamma“ im Volkshaus / Mamma als komödiantische Paraderolle

Von Jürgen Scharf

Basel. Die Primadonna spielt die Beleidigte, der zweite Sopran will ein Solo, der Komponist rauft sich die Haare, der Kastrat schmeißt hin – das könnte bis heute Opernalltag sein. So war es schon im 19. Jahrhundert, als Gaetano Donizetti seine Theater-Farce auf das Treiben hinter den Kulissen der Opernbühne schrieb: „Viva la Mamma“.

Die Opera Basel, die früher einmal im Riehener Wenkenhof residierte, hat für ihre neunte Spielzeit dieses Donizetti-Revival vom Theater Biel Solothurn eingekauft und präsentiert es an zwei Abenden im Volkshaus Basel.

Bisher verfügten die Produktionen der von Sponsoren getragenen Opera Basel über einzigartige Bühnen- und Tribünenkonzepte. Das Publikum saß mitten im Geschehen oder um Laufstege, die Sänger agierten auf Gerüsten, wie letztes Mal bei „La Gazzetta“ (ein Bilder-Rückblick auf acht Premieren im Programmheft spricht Bände). Die Inszenierungen, von „Lucrezia Borgia“ bis „Don Giovanni“, waren stets modern, kühn, anders.

Eher konventionelle Regiearbeit

Bei der adaptierten Produktion aus Biel macht sich leichte Enttäuschung breit. Regisseur, Bühnenbildner und Kostümdesigner Pierre-Emmanuel Rousseau liefert eine eher konventionelle Regiearbeit ab. Die Buffoneske (mit deutschen Untertiteln) spielt fast nur auf der Bühne, bis auf ein paar Auf- und Abgänge auf der großen Treppe durch die Publikumsreihen.

Immerhin wird die Opernwelt liebenswürdig-bissig persifliert. Und alles sehr komödiantisch, mit flotter Personenführung, beträchtlichem Spieltalent und Tempo abgespult, was wieder großes Vergnügen bereitet. Rolando Villazón, Regie führender Opernstar, hat im Januar an der Volksoper Wien „Viva la Mamma“ als eher schräge Parodie in Richtung Satire inszeniert. Dagegen verlässt sich Rousseau ganz auf die Zug- und Zündkraft der komischen Oper mit Koloraturen, Kadenzen, Kehlkopfakrobatik und Kastraten.

Ein Opern-Pasticcio für Belcanto-Fans

Die Bühne könnte eine Kopie des Teatro la Fenice in Venedig sein, zumindest ein Provinztheater irgendwo in Italien, altmodisch-plüschig, wo ein Römerdrama über Romulus geprobt wird – eine Probe mit Hindernissen. Die Handlung über Sitten und Unsitten in diesem Theater der Eitelkeiten und menschlichen Schwächen, der Intrigen, Eifersüchteleien und Rivalitäten ist eine einzige Parodie auf den Opernbetrieb.

Die Titelheldin Mamma Agata, die grottenfalsch singt - eine witzige Travestie-Rolle für einen Kastraten – ist auch hier der „Star“. Der italienische Bassbariton Michele Govi, matronenhaft ausstaffiert wie Charley’s Tante, macht mit seinen reichen Bassmitteln, ausladenden Posen und seiner Komik aus der Mamma eine komödiantische Paraderolle.

Govi spielt die Buffonerie voll aus. Die reinste Schmierenkomödie! Das macht Spaß, zuzusehen und zuzuhören, vor allem das geläufige Parlando seiner gut geölten Gurgel.

Ebenso individuell besetzt sind die weiteren Hauptfiguren. Die Primadonna der Sopranistin Ljupka Rac zeigt virtuosen Koloraturgesang; mit voluminöser Baritonstimme setzt sich Aram Ohanian in Szene; der Tenor Pawel Grzyb führt sich mit stimmlicher Geschmeidigkeit ins Ensemble ein und Luigia, die Seconda Donna von Lucie Kanková, wird ja sowieso von Mamma gecoacht. Auch die Comprimarii (Maestro, Poeta, Musico, Impresario und Inspizient) sind veritabel besetzt.

Die Begegnung mit dieser selten aufgeführten Donizetti-Oper lohnt sich allein schon wegen der guten Sängerbesetzung. Den Chor und das gut aufgelegte Sinfonieorchesters Biel-Solothurn leitet Franco Trinca animiert, mit viel Schwung und leichter Donizetti-Hand, vom Cembalo aus die Rezitative begleitend.

Diese Buffo-Oper mit eingefügten Einlagen (Arien, Ouvertüren) von Rossini und Bellini ist also ein wahres Opern-Pasticcio für Belcanto-Fans und durchaus ihre Wiederentdeckung wert. u  Weitere Vorstellungen finden am heutigen Dienstag, 1. September, sowie am Freitag, 4. September, jeweils ab 19.30 Uhr statt. Vorverkauf bei m Kulturhaus Bider & Tanner, Aeschenvorstadt 2, Basel, Tel. 0041/61 206 99 96 oder unter www.biderundtanner.ch.

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