Basel Regers Musiksprache mit neuen Mitteln fortgesetzt

Die Oberbadische
Gab ein wunderbares Liedrecital beim Kammermusikfestival in Riehen: Der in Basel lebende, vielgerühmte Hamburger Tenor Daniel Behle. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Kammermusikfestival „Klangraum Riehen Marlboro“: Ein ganz besonderer Liederabend in der Villa Wenkenhof

Von Jürgen Scharf

Riehen. Wann hört man schon einmal Kammermusik oder Klavierlieder von Max Reger? Da füllt die Konzertreihe „Klangraum Riehen Marlboro“ eine Nische und lockt auch Musikfreunde aus Lörrach, die die Attraktivität eines solchen außergewöhnlichen Kammermusikfestival-Programms schätzen.

Daniel Behle, renommierter Sänger aus Hamburg, der seit fünf Jahren in Basel lebt und mit dem Oliver Schnyder-Trio ein vielbeachtetes Album mit Schuberts „Winterreise“ veröffentlichte, hat Reger-Lieder als Herausforderung angenommen. Die frühen Reger-Opera, die „Jungen Lieder“, sind, wie man bei diesem ganz besonderen Liederabend in der Villa Wenkenhof in Riehen hören konnte, noch verständlich; bei den späteren, spröderen Liedern lugt der „schwierige“ Komponist heraus. Diese späten Lied-Blüten verblüffen und oszillieren durch eine Auflösung der Tonalität, melodische wie harmonische Kühnheiten.

Faszinierend, wie es dem Tenor gelingt, zu beweisen, dass dieser Zyklus immer moderner, ja avantgardistischer wird bis zu dem Lied „Dämmer“, wo der Klaviersatz nur noch vagabundiert. Behles Stimme vermag die Charaktere der Lieder nuancenreich zu betonen. Sein kräftiges Organ, den guten Stimmsitz, optimale Stimmbeherrschung und Präzision kann der Sänger auch für einige romantische Brahms-Lieder (wie die bekannte „Feldeinsamkeit“) einsetzen.

Eine Stimme, die frei und ruhig dahinströmt und sich in der „Mainacht“ eindunkelt, wenn „dunklere Schatten“ besungen werden: Brahmssche Gesänge, von diesem hervorragenden Liedersänger dezent belichtet und farbig illuminiert.

Sensibel unterstützt wurde Daniel Behle dabei von seinem Begleiter, dem finnischen Pianisten Juho Pohjonen, der das ganze Kammermusikfestival über die Klavierparts übernimmt. Wie modern die Finnen technisch sind, zeigte sich notabene daran, dass keine gedruckten Noten mehr auf dem Flügel standen, sondern ein kleines, mit dem Fuß gesteuertes E-Book. Da sind also auch in der Romantik moderne Zeiten eingezogen!

Modern wurde es auch ganz zum Schluss, wo der studierte Komponist Daniel Behle seinen 2013 veröffentlichten Ringelnatz-Zyklus präsentierte. Vertont hat er weniger humoristische als ernsthafte Gedichte des melancholischen Lyrikers – und zwar sehr ansprechend, bildhaft und tonal. Die fünf Gedichte erzählen vom Erblühen und Verblühen der Liebe; aber der Erzähler ist kein Winterreisender, obwohl ein Frühjahrsgedicht im „kältesten Februar“ geschrieben ist.

Unbekanntes von bekannten Komponisten

Kompositorisch setzt Behle Regers Musiksprache mit neuen klanglichen Mitteln von Mahler und Schostakowitsch fort. Gesungen war das natürlich absolut authentisch, denn der Tenor besitzt auch bei Ringelnatz’ Poemen ein gerüttelt Maß an Einfühlung und Kunstverstand, und wie Pohjonen seinen Klavierbeitrag differenziert gestaltet, war imponierend vom Ausdruck her.

Als Zugabe gab es eines von Behles Studienliedern, leicht atonal, mit dem schönen Titel „Ein Flügelschlag der Ewigkeit“. Auch dieses Riehener Festival ist so etwas wie ein Flügelschlag, der Unbekanntes von bekannten Komponisten wie Reger hervorhebt.

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