Basel Selbstbewusste Lisetta will keine Heiratsanzeige

Die Oberbadische
Die selbstbewusste Lisetta (Jardena Flückiger) will den Mann fürs Leben selber finden. Szene aus der in Basel aufgeführten komischen Rossini-Oper „La Gazzetta“ Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Opera Basel führt die komische Oper „La Gazetta“ von Gioacchino Rossini im Volkshaus auf

Von Jürgen Scharf

Basel. Eine Heiratsannonce der besonderen Art gibt ein übertrieben besorgter Vater in „La Gazzetta“ auf. Don Pomponio sucht mit dem Zeitungsinserat einen Mann für seine Tochter. Extrablätter werden verteilt, gelesen, hängen an der Wäscheleine zum Trocknen, werden während der Ouvertüre mit dem Bügeleisen geplättet. Alles dreht sich um diese Anzeige; sie ist Stadtgespräch. Wer hält um die Hand der selbstbewussten Lisetta an? Das Verwirrspiel à la Rossini kann beginnen.

Folgt man der Inszenierung der komischen Oper „La Gazzetta“ von Gioacchino Rossini durch die Opera Basel, die im Volkshaus Premiere hatte, dann scheint schon 1816, zur Entstehungszeit dieser Buffo-Oper, der Anzeigenmarkt in den Zeitungen viel beachtet worden zu sein. Die Gazette wird in dieser Schweizer Erstaufführungsproduktion zum wichtigen Requisit – bis hin zum witzigen Duell mit Zeitungshaltern als Degen.

Es ist eine außerordentlich lustige Buffa, geradezu ein Glanzstück des komischen Genres; aber als ein Stück, das niemand kennt, das nirgendwo gespielt wird und dessen Text die Darsteller von Grund auf neu lernen müssen, ist es eine Herausforderung. Das gut aufgestellte Ensemble agiert mit sichtlichem Spaß, die Inszenierung hat animierende Munterkeit und ist auch musikalisch ansprechend.

Regisseurin Eva Buchmann nutzt den Raum mit variablen Ausstattungselementen für ihre quicklebendige Personenführung geschickt aus und legt die „Gazzetta“ klugerweise nach Stehgreifvorbild als Typenkomödie und nicht als Charakterkomödie an. So haben wir lauter seltsame, durch Ironie geschärfte Bühnenfiguren, die sich gut in das Konzept verschiedener Stimmtypen einfügen, allen voran der profunde Bassist Piotr Micinski als prahlender Herr Papa mit Imponiergehabe, der auf einem Trimmrad strampelt und seine Tochter bevormundet.

Zum Publikumsliebling avanciert der Bassist Marc Pantus, der in der Rolle des buckligen Faktotums Monsù Traversen im blauen Hausmeisterkittel mit roter Werkzeugkiste, wie ein Glöckner von Notre Dame herumschlurfend und den Fuß nachziehend, sein komödiantisches Talent ausspielen kann. Es passt wunderbar in diese Typenkomik hinein, wenn er zur Rossinischen Bewegungsmechanik die Zeitungsseiten bügelt, dabei einen Kurzschluss auslöst, das Licht im Saal ausgeht und die Musik kläglich abbricht – ein hübscher Regiegag.

Lisetta, die „zeitungsgedruckte Tochter“ (klarer Sopran: Jardena Flückiger) und ihr Geliebter Filippo (voluminöser Bariton: Ivan Orescanin) singen ihr Liebesduett per Telefon. Der Verehrer auf Brautschau (Tenor Enrico Casari) trägt seinen Teil zur komplizierten Geschichte bei. Die Besetzungsidee, die Madame la Rose als Travestie zu geben, erweist sich als Kabinettstückchen, zumal Countertenor Ralf Popken diese Frauenrolle mit weibisch verstellter Stimme herrlich parodiert.

Neben den erfahrenen Solisten mit ihrer Kehlkopfakrobatik und dem plappermäßigen Parlandostil bewährt sich der Regio-Chor Binningen/Basel beim Maskenball im schnellen Kostümwechsel. Jan Willem de Vrient, Dirigent des Netherlands Symphony Orchestra, lässt con brio und mit wahrer Italianità die Mechanik der Rossini-typischen orchestralen Crescendo-Walze wie ein Perpetuum mobile abschnurren.

Obwohl in dieser bis zum Schluss komisch-witzigen Protagonistenposse ständig in Zeitungen geblättert wird, hätte man das Thema Einfluss der Medien, Massenblätter und Infotainment, das Rossini hier zum ersten Mal in einer Oper thematisiert, vielleicht noch zeitgemäßer herausarbeiten können. Aber immerhin wurde diese Opera buffa fürs Repertoire wiederbelebt!

Weitere Informationen: Weitere Aufführungen am 2., 4. und 6. September.

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