Basel Vergebliche Sinnsuche im geschlossenen Raum

Die Oberbadische
Thiemo Stutzenberger als Caligula und seine Geliebte Caesonia (Katja Jung) Foto: zVg/Sandra Then Foto: Die Oberbadische

Theater: „Caligula“ von Albert Camus im Schauspielhaus Basel / Verachtung der ganzen Welt

Basel. Albert Camus’ „Caligula“ ist eine Figur, die nicht zu retten ist. Ein Kind, ein Idealist nennen ihn seine Mitarbeiter und Bewunderer am Anfang, jemand, der nach dem Höchsten strebt und nicht weiß, was er tut. Doch schon da hört man unter den Füßen des Protagonisten krachende Splittergeräusche. Nussschalen oder Knochen, die Richtung ist klar: Hier ist einer unterwegs, dem nichts auf der Welt etwas wert ist, weder sein Leben noch das der anderen: „Die Welt ist ohne Bedeutung“.

In Basel ist das frühe Drama des späteren Nobelpreisträgers zur Zeit im Schauspielhaus zu sehen.

Nachdem er verloren hat, was ihm am wichtigsten war, die Schwester, strebt Caligula, Kaiser von Rom, nach dem Unmöglichen: Den Mond will er umarmen, die Welt unterwerfen. Seine absolute, durch Terror und willkürliche Morde gefestigte Macht gibt ihm die Freiheit, die er dazu braucht. Freiheit, die in dieser Lesart die Unfreiheit aller anderen zur Bedingung hat und bald – so erfährt man – viel Leid und Blutvergießen zur Folge haben wird.

Doch wir sind im (absurden) Theater: Die Reduktion der Handelnden auf den Kaiser selbst und seine engsten Vertrauten entlarven das höllische Kammerspiel als philosophische Versuchsanordnung. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht der Sinn der menschlichen Existenz – ohne dass es im Laufe des Stücks zu befriedigenden Ergebnissen käme.

Dieser Eindruck wird durch das Bühnenbild verstärkt. Hohe Wände, ganz in Orange wie auch der Fußboden, erzeugen den Eindruck eines hermetisch geschlossenen Raumes. Es ist ein eigentümliches Labor, in dem die handelnden Figuren ihr makaberes Schauspiel aufführen. Nur der Einfallswinkel des Lichts scheint sich zu ändern und mit ihm die Schatten an den Wänden, in denen sich die Protagonisten widerspiegeln – als gäbe es kein draußen.

Thiemo Stutzenberger spielt den Caligula willenlos schlaff und bodenlos tyrannisch zugleich. Im ersten Akt jammert er erst vor sich hin, um dann in jähzorniges Gebrüll auszubrechen, begleitet von unkontrolliert fuchtelnden Handbewegungen.

Am Ende werden alle tot sein. Doch schon auf dem Weg dorthin, als Caligulas Todessehnsucht und die dennoch erfolglose Verschwörung der anderen gegen ihn immer deutlicher sichtbar werden, erreicht das Stück in der Inszenierung von Antonio Latella einen Punkt, an dem auch die Fortführung sinnlos erscheint.

In ihrer von einer gnadenlos blendenden Glühbirne illuminierten Versuchshölle scheinen die Handelnden schon die ganze Zeit tot zu sein. Spätestens nach der Szene, in der Caligula im schwarzen Tütü seinen „Tanz“ als sterbender Schwan absolviert hat, begleitet von Tonaufnahmen aus dem Schlachthof, zieht sich das Spektakel in eine fast schon unerträgliche Länge. Die Veränderung im Raum gibt vor, was nun passiert: Nach und nach wird das Orange der Wände und des Bodens zu einem undurchdringlichen Schwarz. Die Nüsse, die auf die Vorderbühne prasseln, erinnern an den Auswurf eines unermüdlichen Schredders, sinnbildlich für die sich durch das ganze Stück ziehenden Vernichtungsfantasien und die Verachtung der ganzen Welt gegenüber.  Weitere Termine: 25. November, 19.30 Uhr, 27. November, 4. und 18. Dezember, 18.30 Uhr, 21. Dezember, 19.30 Uhr

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