Vielfalt und Faszination einer Epoche

Binningen (ov). Die Aufführung mittelalterlicher Werke kann mittlerweile auf eine jahrelange Tradition in den Konzerten der „Musik zu Heilig Kreuz“ in Binningen zurückblicken. Nun wird mit dem „Herbst des Mittelalters“ ein kleines Festival präsentiert, das den vielfältigen und faszinierenden Repertoires dieser langen Epoche ein neues Zuhause bieten will. Und dies in unmittelbarer Nähe zur Schola Cantorum Basiliensis, die weltweit als einzige Hochschule für Alte Musik eine Mittelalterabteilung führt und aus deren Rängen die meisten der Künstler stammen, die dieses Jahr zu hören sein werden. Initiator ist der Grenzacher Spezialist für mittelalterliche Musik Marc Lewon.

Der diesjährige „Herbst des Mittelalters“ deckt mit seinen Konzerten ein breites Spektrum ab: Es erklingen Stücke vom Beginn der Notenaufzeichnung im 9. Jahrhundert über Lieder aus der Hoch- und Spätzeit höfischer Liebesdichtung im Spanien des 13. Jahrhunderts bis hin zum Triumph weltlicher Mehrstimmigkeit im Italien und Frankreich des späten 14. Jahrhunderts. Dabei sind neben den Stimmen der Sänger Instrumente aus den jeweiligen Epochen zu hören.

Vor den Konzerten wird ein einführender Vortrag gegeben, der das Programm und die Musik in den Kontext ihrer Zeit stellt, die Sinne der Zuhörer für das Kommende schärft und Lust auf Mehr macht, schreiben die Veranstalter.

Zwei der Konzerte werden außerdem um Projektionen ergänzt: Benjamin Bagbys Vortrag wird mit Übersetzungen der gesungen Liedtexte simultan übertitelt und die Musik von Ensemble Dragma mit Tierabbildungen aus mittelalterlichen Bestiarien illustriert.

Als Schlusspunkt jedes Konzerts lädt ein Apéro im angrenzenden Kirchgemeindezentrum zum Verweilen ein. Er bietet Gelegenheit zum zwanglosen Austausch mit den Musikern und Veranstaltern.

Das Programm

Freitag, 21. Oktober, 19.30 Uhr: Vortrag „Meister Eckart – Die Gottesgeburt der Seele“, eine Spurensuche nach der verborgenen Seite des Christentums

Samstag, 22. Oktober, 19.30 Uhr: „Ondas“. Martín Codax (tätig ca. 1240–1270) – cantigas de amigo. In den Cantigas de Amigo entwickelte sich das galizisch-portugiesische Liedschaffen entlang seiner ursprünglichsten Wurzeln. Eines der wichtigsten Charakteristika dieser Lieder ist, dass sie wahrhafte Frauenlieder sind: erstmals ist es die weibliche Stimme, die von Leidenschaft und Liebesschmerz berichtet. Vivabiancaluna Biffi und Pierre Hamon haben sich dieses kulturellen Erbes angenommen und interpretieren die Cantigas de Amigo.

Samstag, 29. Oktober, 19.30 Uhr: „Der Wanderer“, Das Konzert nimmt das Thema der Reise und des Exils auf, das in zahlreichen Liedern des frühen Mittelalters (9.-13. Jh.) zu finden ist. Solist des Abends ist der Sänger, Harfenist und Mediävist Benjamin Bagby.

Samstag, 5. November, 19.30 Uhr: „Song of Beasts“. Im Zentrum des dritten Konzertes stehen die „Bestiarien“, 50 prachtvolle, farbenreiche Manuskripte, die Tiere und Fabelwesen in Bild und Text präsentieren. Dabei sind weder die Abbildungen noch die Tierbeschreibungen realistisch, sondern dienen, oft um weitere religiöse oder moralische Texte angereichert, zur Erklärung der Rolle des Menschen im mittelalterlichen Weltbild. Parallel gibt es in der mittelalterlichen Musik des 12. bis 15. Jahrhunderts unzählige Stücke, die sich in Text und Klang mit eben diesen Tieren und Fabelwesen auseinandersetzen. Diese Stücke bestechen mit hochstehender Lyrik und einer sehr lebhaften Bildersprache. Das Ensemble Dragma bietet die flexible Besetzung mit zwei Sängern, Harfe, Vielle und Laute.  Karten sind nur an der Abendkasse erhältlich.