Basel Weltpremiere in der Fondation Beyeler

Die Oberbadische
„Vox Clamantis“ überzeugte mit außergewöhnlichen Ensemblequalitäten. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Vokalensemble „Vox Clamantis“ mit einer Hommage an Arvo Pärt

Von Willi Vogl

Riehen. „Auch wenn ich nicht religiös bin, bin ich von Arvo Pärts Musik ergriffen“, bekannte sich eine Zuhörerin bei der Konzerthommage an den estnischen Komponisten in der Fondation Beyeler. In Korrespondenz mit der aktuellen Ausstellung des Kölner Malers Gerhard Richter gab das Vokalensemble „Vox Clamantis“ am Mittwoch ein Konzert mit sakraler Musik ihres Landsmanns Arvo Pärt.

Die Wirkung von Pärts Chorwerken dürfte weniger auf den überwiegend aus der Bibel stammenden Texten beruhen. Vielmehr erzeugten die höchst eigenwilligen Klangsetzungen selbst einen starken faszinierenden Sog. Anders als in Pärts oft sehr streng imitatorisch gefügten Instrumentalwerken setzt der estnische Komponist in den Vokalwerken eher auf die freieren deklamatorischen Möglichkeiten der ausschließlich historischen Textvorlagen. Dabei erzeugt er oft mit wenigen Tönen, einsamen Melodiepartikeln und leeren Klängen eine spannende Gratwanderung zwischen vertrauter Gregorianik und verwegenen Dissonanzen.

Gern folgte man dem Zauberer Pärt in den Irrgarten seiner Klänge, vor allem da sie durch ein so ausgezeichnetes Vokalensemble wie dem „Vox Clamantis“ zum Leben erweckt wurden. In dem rezitativisch gehaltenen „And One of he Pharisees“ überzeugten die vier Damen und acht Herren nicht nur als Ensemble. Auch solistisch und in szenischer Rollenverteilung beeindruckten Taniel Kirikal als sonor klingender Jesus und Mikk Dede als pharisäischer Simon mit heuchlerischer Falsettstimme.

In der 1997 komponierten „Ode I“ aus dem „Kanon Pokajanen“, im „Gebet nach dem Kanon“ und in „Virgencita“ waren auch vehemente Steigerungen zu hören. Das Klangspektrum des Ensembles reichte von fein geführten brüchig gesetzten Klanggesten bis hin zu gewaltigen dissonanten Ballungen in schlüssiger Balance. Einen kurzweiligen Kontrast bot ein Ruf nach Errettung an die „Heiligste Mutter Gottes“ in einem vorzüglich besetzten Quartett mit vier Männerstimmen.

Stark in Komposition und Interpretation wirkte auch „Wie der Hirsch schreit“ nach einem hymnischen Text des heiligen Patrick. Über einer stockend wiederkehrenden Harmoniefolge der Männerstimmen steigerte sich, mit den Frauenstimmen beginnend, eine ruhig schwebende Melodielinie zu schwelgerischem Ausbruch und reduzierte sich klanglich am Ende wieder auf das textliche Resümee des Werks „Christus sei mit mir.“

Unter der Leitung Jaan-Eik Tulves zeigte das Ensembles hinsichtlich Artikulation, dynamischer Bandbreite und klanglicher Balance außergewöhnliche Qualitäten. Allenfalls die etwas mechanisch wirkende Zeichengebung Tulves wurde der Musik, die vor allem sanfter Aufmerksamkeit bedarf, nicht völlig gerecht.

Mit „Drei Hirtenkinder aus Fátima“ wandte sich der 79-jährige Pärt der Kindheit zu. Das kleine und feine Loblied im triolisch wiegenden Rhythmus ist Gerhard Richter gewidmet und erklang in der Fondation zum ersten Mal – frenetischer Beifall im ausverkauften Saal. Widmungsträger und Komponist umarmten sich. Möglicherweise fühlten sich der Schöpfer eines bunt schillernden Kirchenfensters im Kölner Dom und der Komponist mystisch klingender Kirchenmusik in ihren Künsten wesensverwandt.

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