Welche Gruppen aus welchen Motiven konkret den Anschluss an Russland suchen, kann Stegmann nicht klar herausfiltern. Aufschlüsse und Perspektiven verspricht sie sich von ihrer neuen Reihe „Rebellen“ im Literaturhaus, zu der in Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Stiftung Autoren aus der Ukraine eingeladen sind. Hier handelt es sich um engagierte Intellektuelle, so Stegmann, die sich jenseits von Nationalismus erst einmal für mehr Demokratie und weniger Korruption einsetzen.
Etikettierungen sind zu kurz gegriffen
„Sie haben die Proteste mit begleitet, kennen die Gemengelage der Menschen, die auf dem Maidan waren, und empfinden die Etikettierung als Nationalisten oder Faschisten als zu kurz gegriffen. Häufig wird leider übersehen, dass jenseits der politisch problematischen Gruppen ein großer Teil der Menschen aus einem Unrechtsbewusstsein auf die Straße gegangen ist“, so Stegmann.
Der konkrete Anlass für Stegmanns Reise nach Kiew war die Tagung „TransStar“, ein internationales Projekt für Literatur-übersetzer, an dem das Literaturhaus Stuttgart beteiligt ist. Stegmann: „Wir schulen drei Jahre lang literarische Nachwuchsübersetzer per Vergabe von Stipendien. Am Ende dokumentieren wir dies in Publikationen und Veranstaltungen.“ Im Mittelpunkt steht die literarische Übersetzung als kreative, interpretierende und künstlerische Tätigkeit.
„Um Europa und seine Kulturen zu verstehen, benötigen wir ein gegenseitiges Verständnis voneinander, und da ist die Literatur sehr wichtig. Insbesondere in Mittel-Ost-Europa ist literarisch in den letzten 20 Jahren sehr viel passiert. Manche Autoren sind in Deutschland schon bekannt, aber hier gibt es noch viel zu entdecken. Diesen Bereich wollen wir professionalisieren. Die beteiligten Länder sind die Ukraine, Polen, Tschechien, Slowenien und Kroatien.“