Binzen Kleinstadttratsch und tote Pferde

Weiler Zeitung
Foto: Veronika Zettler Foto: Weiler Zeitung

Konzert: „Stimmen on Tour“ machte in Binzen Station / Künstler aus England, Irland und Estland

Von Veronika Zettler

Binzen. Mit „Stimmen on Tour“ servieren die Veranstalter auch in diesem Jahr einen Appetitanreger zum bevorstehenden Festival. Start war am Sonntag in Binzen.

Freier Eintritt, blauer Himmel und Familienfestatmosphäre zwischen Bierbänken und Stehtischen. Nach Schätzung von Pressesprecher Jan Obri kamen rund 200 Besucher in den Innenhof beim Binzener Rathaus – zufriedene Gesichter bei den Veranstaltern.

Zufrieden war auch das Publikum, dem drei unterschiedliche Auftritte geboten wurden. Nummer eins: Der Sänger, Songwriter und Gitarrist Luke Jackson aus dem englischen Canterbury. Obwohl erst Anfang 20, ist er schon mehrere Jahre im Profimusikgeschäft und zunehmend auch im Ausland erfolgreich unterwegs. Inzwischen hat er unter dem Titel „This Family Tree“ sein drittes Album veröffentlicht.

Mitgebracht hat er den Bassisten Andy Sharps und einen Rucksack voller selbstgeschriebener Folkstücke, die zu einem Gutteil auf das Fundament des Bluesschemas gesetzt sind. Aber das Duo gibt Gas. Sharps E-Bass und die von Jackson zusätzlich bediente Basstrommel würzen die Stücke mit vorwärtsdrängender Dynamik. Ihren Schliff bekommen sie durch Jacksons geschmeidig-ausdrucksstarke Stimme und poetische, vielfach melancholische Lyrics. Die Ballade „Caitlin“ etwa erzählt von einer verzweifelten Alkoholikerin; „Fumes and Faith“ von der Sehnsucht, die Kleinstadt und ihren Tratsch hinter sich zu lassen.

Die lebhafte Stimmung des ersten Teils weicht im zweiten einer ruhigen, fast meditativen. Spätestens beim zweiten Stück verstummen auch die letzten Gespräche unter den Besuchern: Maarja Nuut aus Estland hat das Publikum zum konzentrierten Zuhören gebracht. Sogar die vielen Kinder im Publikum verfolgen jetzt gespannt das Geschehen auf der Bühne. Zwischen erzählten Sagen und Märchen, derwischartigen Tänzen und per Midi-Controller geloopten Geigen- und Vokalsequenzen wirkt Maarja Nuut wie eine schöne, eigenwillige Elfe, die altes, hypnotisches Liedgut ins digitale Zeitalter rettet. Sie erzählt von ihrer Zusammenarbeit mit einem Tuareg-Musiker, von der Magie der Wüste, von Gratwanderungen zwischen Traum und Wirklichkeit und vom Schutzzauber eines alten Kindersingspiels: „Wenn das Pferd tot ist, ist das Spiel fertig“, erklärt sie, denn: „Alles, was Du nicht im wirklichen Leben haben möchtest, solltest Du ins Reich der Spiele verbannen“.

Auch der Nordire Ciaran Lavery ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Mit „Shame“ und „Left for America“ hat er ein paar Millionen Spotify-Plays erzielt. Im dritten und letzten Teil des insgesamt dreistündigen Konzerts gefällt Lavery mit einer gefühlvollen Reibeisenstimme und frischem, abwechslungsreichem Akustik-Pop.

Nach dem Auftakt in Binzen machte „Stimmen on Tour“ gestern im Café Verkehrt in Murg-Oberhof Station. Weitere Termine sind am Dienstag, 5. Juli, in der Fondation Fernet Branca in Saint-Louis (20 Uhr), am Freitag, 8. Juli, im Kulturhotel Guggenheim in Liestal (20 Uhr) und am Sonntag, 10. Juli, im Werkraum Schöpflin in Lörrach-Brombach (16 Uhr). Weitere Informationen zum Programm des Stimmenfestivals unter www.stimmen.com

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