Binzen Zwischen Jubelgesang und Klagelied

Weiler Zeitung
Mit einem erlesenen Programm leistete der Kirchenchor Binzen seinen Beitrag zu den Kandertäler Dorfjubiläen. Foto: Walter Bronner Foto: Weiler Zeitung

Konzert: Kirchenchor würdigt Dorfjubiläen mit erlesenem historischen Streifzug

Binzen (bn). Kaum etwas anderes als der Gesang eignete sich besser, um die menschliche Gefühlsskala zwischen himmelhoch jauchzend und todtraurig auszuloten. Wie das besonders eindrucksvoll geschehen kann, verdeutlichte am Sonntag das erlesene Programm, mit dem der Kirchenchor Binzen einmal mehr sein hohes Vortragsniveau demonstrierte.

Die wie gewohnte durch zahlreiche auswärtige Sänger verstärkte und von Brigitte Schnabel vorzüglich präparierte Singgemeinschaft überzeugte dabei durch ein Höchstmaß an klanglicher Schönheit, sicherer Intonation und differenziertem Ausdruck. Es war dies zugleich ihr kultureller Beitrag zu den Dorfjubiläen in Binzen und Rümmingen, zudem ein Benefizkonzert zugunsten der sanierungsbedürftigen Walcker-Orgel in der Laurentius-Kirche.

Die Vortragsfolge war bewusst konzipiert auf die kontrastwirksame Ausdrucksspanne zwischen Jubelchor und Klagelied und zudem verbunden durch Texte aus lokalen Chroniken, anderen geschichtlichen Zeugnissen und Tagebuch-Notizen.

Klaus Koska und Helmut Bertelmann hatten sie mit Bedacht ausgewählt und rezitierten sie ebenso spannend wie ergreifend. So die Aufzeichnung der Röttler Chronik über das große Hagelunwetter anno 1409, das die Fluren von Binzen, Lörrach und Rötteln erbärmlich verwüstete. Dies im Kontrast zum kraftvoll intonierten Eingangschor „Wie nun ihr Herren“ von Heinrich Schütz.

Auch ein Benefizkonzert

Umso beglückter schwärmte im 16. Jahrhundert der damalige Binzener Pfarrer Paul Cherler über die paradiesische Landschaft, die er, der gebürtige Sachse, hier antraf. Passend dazu erklangen Mendelssohns liebliches „Denn er hat seinen Engeln befohlen…“ aus dem „Elias“-Oratorium und Bachs „Der lieben Sonne Licht und Pracht“.

Dass ein späterer Pfarrer den leichtfertigen Umgang der Leute mit dem reichen Erntesegen beklagte und dafür Gottes Strafe auf seine Schäfchen herabbeschwor, wurde musikalisch mit Händels „Herr, du lässt mich fröhlich singen“ wieder ausgeglichen. Desgleichen Haydns „Schöpfungs“-Preisgesang, der dem Abschiedsbrief des zum Tode verurteilten Rümminger Revolutionärs Friedrich Neff an seine Mutter gegenübergestellt war. Ergreifend bis erheiternd rezitierten die Moderatoren auch das kindliche Abendgebet der in Weil aufgewachsenen Schauspielerin Hilde Ziegler für die im Zweiten Weltkrieg im Fronteinsatz stehenden Angehörigen, Verwandten und Bekannten, eine Tagebuchnotiz über einen Judika anno 1913, als die bezopften Konfirmandinnen noch voller Stolz ihre „sälber gschtrickte Strümpf“ trugen, Manfred Marquardts nihilistisch gereimte Zukunftsvision „In 50 Johr“ (passend zum Beatles Song „When I get older“), Auszüge aus der Chronik der begüterten Familie Wyss (Binzener Freihof) und Wolfgang Abels zeitkritische Gedanken zum Binzener Kreisel und seinem Umfeld, einschließlich den gastronomischen Eigenheiten hierzulande.

Musikalisch dazwischen eingebunden waren Mozarts optimistisches „Luci care“ und an der Treue zweifelndes „Piu non si“, Brahms‘ Klagelied „In stiller Nacht“, Bruckners anrührendes „Locus iste“ und Buxtehudes erhebende „Cantate Domino“, deren Soli Sabine Höller-Dürk und Babette Jansen mit leuchtendem Timbre absolvierten.

Instrumental vorbildlich flankiert wurde das barocke Meisterwerk von Stefan Abels (Klavier), Iliana Schierer, Elias Wörner (Violinen) und Maximilian Wrobel (Fagott). Der junge Geiger und Dirigentin Schnabel (auch eine versierte Geigerin) brillierten zudem solistisch im wunderbaren langsamen Satz von Bachs Konzert für zwei Violinen d-Moll, dessen Orchesterpart auf das sorgsam begleitende Instrumentaltrio reduziert war. Mit dem populären „Irischen Segen“ verabschiedete der Chor seine große Hörergemeinde, die sich mit minutenlangem Beifall bedankte.

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