Moderne Bauten treffen im historischen Ortskern von Kirchen auf ein jahrhundertealtes Ensemble. Viele Diskussionen und Emotionen löste der Umbau des Gutshofs im Gässle aus, doch vor allem an den drei energetisch hochwertigen Passivhäusern schieden sich die Geister. Beim Hoffest am Samstag, wo das Projekt vorgestellt wurde, hörte man dann allerdings nur positive Stimmen. Von Marco Schopferer Efringen-Kirchen. Zahlreiche Gemeinderäte, Bauamtsleiter Siegfried Kurz und auch Bürgermeister Philipp Schmid nahmen neben vielen Bürgern das Projekt am Samstag neugierig in Augenschein. „Es war nicht das größte und auch nicht das komplexestes Projekt, sicherlich aber eines der emotionalsten Vorhaben“, das wie kaum ein anderes Projekt der Konstanzer Siedlungswerkstatt die Planer gefordert habe, bekannte Architekt Erich Baumann. Auf 2000 Quadratmetern Grundstücksfläche errichtete man zehn Wohnungen mit rund 1100 Quadratmetern Wohn- und Nutzfläche, das Investitionsvolumen der privaten Bauherrengemeinschaft umfasste rund 3,5 Millionen Euro. Die Baumaßnahme veränderte ein Areal mit Jahrhunderte alter Geschichte. Die Christuskirche, das größte Gotteshaus der Gemeinde, dominiert wie kein anderes Gebäude das Umfeld, in direkter Nachbarschaft finden sich stattliche Bauernhäuser, und sogar ein Backhaus gibt es direkt an der Straße. Neben dem kernsanierten Haupthaus findet sich auch eine aufwändig ausgebaute Scheune. Wo früher Vieh untergebracht war, Maschinen und Heu lagerten, warten nun vier hochmodern eingerichtete Mietwohnungen auf die ersten Bewohner. Hohe Anforderungen an den Denkmalschutz galt es zu erfüllen. Nicht überall waren schattenspendende Jalousien oder große Fernster erlaubt. Da behalf man sich schon mal im Schlafzimmer mit LED-Deckenleuchten, die den natürlichen Lichteinfall simulieren. An vielen Ecken und Enden spürt man dann die Liebe zum Detail, die man sicherlich nicht immer ganz freiwillig entwickelte, sondern die eine gehörige Portion Improvisationstalent forderte. Der historische Gewölbekeller wurde zu einem Tagungsraum ausgebaut, darüber befindet sich eine über zwei Stockwerke reichende Ferienwohnung. Heimelig und topmodern – wie das gesamte Ensemble. „In Zeiten antiseptischer Neubaugebiete und einer gnadenlos ökonomisierten Baukultur spricht dieser Ort eine gelassene Unvollkommenheit in unserem Inneren an“, sagte Architekt Erich Baumann. Denn wenn man das Alte erhalten möchte, „dürfen wir es eben nicht mit dem Neuen zu einem undefinierbaren Brei vermischen, sondern müssen umso klarer unterscheiden“. Man habe versucht, die „Seele dieses wunderbaren Ortes einzufangen und wieder zu beleben, seine Geschichte aufzunehmen und sie in unserer Sprache der Zukunft fortzuschreiben“, sagte Baumann weiter und erinnerte an ein Zitat des Komponisten Gustav Mahler: „Tradition ist nicht das Anbeten der Asche, sondern das Weitertragen des Feuers!“ Kraftvolle Worte für eines der architektonisch spannendsten Bauprojekte der letzten Jahre im Ortsteil Kirchen.