Eimeldingen Der Tod kam nachmittags um drei im Zweiten Weltkrieg

Weiler Zeitung
Soldat Ernst Streich mit seinen Zwillingsbuben. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Serie: Portraits bekannter Eimeldinger, Teil 3: Der Gefallene – Ernst Streich (1907 bis 1945)

Von Boris Burkhardt

Eimeldingen. 71 Gefallene und Vermisste hatte die Gemeinde Eimeldingen in den Kriegen seit 1870 zu beklagen, 53 davon allein im Zweiten Weltkrieg. Das Schicksal des Metzgermeisters Ernst Streich steht stellvertretend für seine gefallenen und vermissten Kameraden.

Bis 1991 war der Metzgereibetrieb in Händen der Familie Streich, die über mehrere Generationen den „Löwen“ in Eimeldingen betrieb. Die Metzgerei hatten der Vater und der Onkel gebaut. 35 Jahre war Ernst Streich alt, als er 1942 zum Wehrdienst eingezogen wurde. An ihn erinnerte sich seine inzwischen ebenfalls verstorbene Witwe Martha Streich Ende der 90er. Sie war gerade vier Jahre lang mit ihrem Mann verheiratet gewesen.

Erst im Januar 1943 kehrte Ernst Streich zum Heimaturlaub von Kiew nach Eimeldingen zurück – als einziger Eimeldinger seiner Einheit. Er kam dann wieder an die Ostfront, wo er in der Feldküche und bei der Versorgung eingesetzt wurde. Im gleichen Jahr noch wurde er mit einem Kniedurchschuss zuerst ins Lazarett nach Reichshof bei Krakau, dann nach Falkenberg an der Neiße verlegt. Dort wagte Martha Streich einen Besuch, der freilich zur damaligen Zeit sehr beschwerlich war; und im November kehrte Ernst Streich noch einmal für drei Wochen in seine Heimat zurück.

1944 war Streich einem Versorgungszug zugeteilt worden. Seine Frau, deren 28-jähriger Bruder in den Vogesen im gleichen Jahr fiel, hatte durch die relative Ferne zur Front Hoffnung; doch ihrem Schwiegervater gefiel die Sache ganz und gar nicht. Im März 1945 fiel Ernst Streich nachmittags um drei bei schönstem Wetter durch einen Tieffliegerangriff auf eine Fabrik in der Nähe des heutigen Bratislava, in der der Zug Unterstand gefunden hatte. Er und weitere neun Männer waren sofort tot.

Vermutlich hätte Martha Streich nie etwas über das Schicksal ihres Mannes erfahren, wenn Streichs Kamerad Franz Kaltenbrunn aus Donaueschingen den Krieg nicht überlebt hätte. Die beiden Metzger hatten sich nämlich geschworen, dass der Überlebende den Angehörigen Nachricht geben würde. So erreichte Martha Streich im Oktober 1945, die mit ihren Kindern seit dem letzten Brief ihres Gatten im Februar über ein halbes Jahr lang in Unwissenheit gelebt hatte, eine Karte von Kaltenbrunn, in der er sich erkundigte, ob sie Ahnung vom Schicksal ihres Mannes habe. In einem weiteren Brief klärte der Metzger sie dann über den Tod Ernst Streichs auf. Dieser hatte vor seinem Tod noch geschrieben, dass er bald wieder auf Urlaub kommen werde.

Gern sei Ernst Streich gewiss nicht Soldat gewesen, sagte Martha Streich zu ihren Lebzeiten. Wie seine Kameraden habe er nur ein Ziel gehabt: nur noch heim! Emil Aenis, einer von Streichs Kameraden, die schon 1943 nicht mehr zurückkehrten, hatte seiner Familie bereits seine Ankunft angekündigt. Doch kam er nie in Eimeldingen an: Das Lazarett bei Pilsen, in dem er lag, wurde durch Bomber völlig zerstört.

Nach dem Krieg blieben die Frauen in Eimeldingen allein und ohne Kenntnis über den Verbleib ihrer Ehemänner zurück. Pfarrer Adolf Vielhauer sorgte für die Kriegswitwen, so gut er konnte. Die Frau von Max Schöpflin, der 1942 in Russland fiel, starb drei Jahre nach Kriegsende gar an ihrem Kummer. Martha Streich, die mit ihren fünfjährigen Zwillingen Walter und Ernst nun auf sich gestellt war, führte mit Hilfe von Max Hagist den Metzgereibetrieb weiter, wie es ihr Mann gewünscht hatte.

Wenn Ernst Streich in Gefangenschaft geraten wäre, war sich seine Frau sicher, wäre er aus Sehnsucht nach seiner Heimat gestorben. Wo genau ihr Mann begraben liegt, hat Martha Streich nie erfahren.

Im Eimeldinger Jubiläumsjahr veröffentlicht unsere Zeitung Portraits bekannter Eimeldinger aus verschiedenen Jahrhunderten. Nächste Folge: „Die Gönnerin – Gretel Locher (1907 bis 1992)“

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