EU-Verordnung Lässt der Sauger bald den Staub liegen?

Sandra Markert
Trotz weniger Watt sollen die neuen Staubsauger genauso gut sauber machen Foto: Fotolia

Staubsauger müssen bald mit weniger Watt auskommen. Die Hersteller erklären, wie es trotzdem sauber wird.

Winnenden - Staubsaugen unter EU-Normbedingungen ist ganz schön kompliziert, warnt der Mitarbeiter. Dann stellt er Temperatur und Luftfeuchtigkeit für den etwa 20 Quadratmeter großen Testraum ein und öffnet ein Beutelchen mit der Aufschrift DIN-Norm IEC 60312. Darin befindet sich eine Mischung aus Hautschuppen, Sand, Hundehaaren, Baumwollfusseln und abgeschnittenen Zehennägeln. Kurz das, was in deutschen Haushalten so als Dreck auf dem Boden herumliegt. Dieser Prüfstaub für 200 Euro das Kilo wird auf einem nach Norm angefertigten Teppichboden verteilt.

Nun darf eine Staubsaugermaschine auf dem Normteppich einmal vor- und zurückfahren. In genau vorgeschriebener Geschwindigkeit, versteht sich. Danach befördert eine Teppichklopfmaschine das zutage, was der Staubsauger übrig gelassen hat. Diese Staubreste werden gewogen.

Erst dann lässt sich die Bewertung für die Teppichreinigung ermitteln, die ab September auf dem Energielabel für alle Staubsauger innerhalb der Europäischen Union stehen muss. Und das ist nur eine von sechs Angaben. Alle sind grob gesagt dazu da, dem Verbraucher künftig Geräte anzubieten, die weniger Energie verbrauchen.

Motor, Düse und Dichtungen sind verantwortlich für die Saugleistung

„Die Herausforderung für uns als Hersteller liegt darin, dass die Staubsauger trotzdem noch genauso gut sauber machen“, sagt Tobias Wahl. Er arbeitet beim Reinigungsgerätehersteller Kärcher in Winnenden im Bereich Privathaushalte.

Tatsächlich sorgen sich viele Verbraucher, dass sie mit einem neuem Staubsauger, der ab 1. September eine maximale Leistung von 1600 Watt haben darf, in Zukunft entweder mehrmals über den Boden gehen oder aber ein paar Staubmäuse mehr in Kauf nehmen müssen. Doch Tobias Wahl beruhigt: „Nicht die Watt-Zahl ist entscheidend für eine gute Saugleistung, sondern das komplexe Saugsystem aus Motor, Düsen, Dichtungen, Schläuchen und Saugrohren.“ Werden hier beispielsweise ein veränderter Motor oder bessere Dichtungen eingebaut, arbeitet der Sauger mit weniger Leistung so gut wie früher mit einer höheren Watt-Zahl.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Staubsauger-Test der Stiftung Warentest vom Februar 2014. Von 15 geprüften Geräten mit weniger als 1600 Watt Leistung erhielten sieben die Note „gut“, fünf schnitten mit „befriedigend“ ab, eines „ausreichend“ und zwei „mangelhaft“. Die schlechtesten drei Staubsauger kosteten weniger als 100 Euro. Schon in den vergangenen Jahren zeigten die Tests, dass solche Billigware selten gut saugt. Mit der Watt-Zahl hatte das wenig zu tun, sondern eher mit einem insgesamt schlechter funktionierenden Saugsystem.

Für den Verbraucher macht sich die Anschaffung eines neuen Staubsaugers über die Stromrechnung bezahlt: Etwa 15 Euro pro Jahr, schätzen Experten, lassen sich durch ein energieeffizientes Gerät einsparen. „Für den Einzelnen ist das nicht viel. Nimmt man aber die Einsparung der 250 Millionen Staubsauger innerhalb der EU zusammen, ist die neue Regelung durchaus sinnvoll“, sagt Tobias Wahl. Zumal in Bürogebäuden oder Hotels deutlich mehr gesaugt wird als in Privathaushalten. Und so rechnet die EU-Kommission damit, dass durch die neuen Staubsauger bis 2020 jährlich etwa 19 Tetrawattstunden weniger Strom verbraucht werden. Damit könnte man die Londoner U-Bahn 19 Jahre lang betreiben.

Es gibt keine einheitlichen Kontrollen für energieeffiziente Geräte

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich aber tatsächlich auch alle Staubsaugerhersteller europaweit an die Vorgaben für sparsamere Geräte halten. „Das Problem ist, dass es keine einheitlichen Regelungen für die Kontrollen des Energie-Labels gibt, und so kontrollieren manche Länder gar nicht“, sagt Corinna Fischer vom Öko-Institut in Freiburg. Zwar schreibt die EU vor, dass ein bestimmter Prozentsatz der Geräte mit Energie-Label von einer neutralen Instanz geprüft werden muss. In Deutschland passiert das durch die Marktaufsichtsbehörden der Bundesländer. Wer sich nicht daran hält, hat aber auch nichts zu befürchten.

„Das Problem bei den Kontrollen sind die hohen Kosten für die komplexen Tests“, sagt Johanna Kardel, Energie-Expertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband. So hätte Deutschland beispielsweise 1,5 Millionen Euro ausgeben müssen, um eine Teststrecke zu bauen, auf der sich Autoreifen so testen lassen, wie es das Energie-Label vorsieht. Zu viel Geld, fanden die Bundesländer.

„Für jedes neue Testlabor wie etwa jetzt für die Staubsauger muss man mit 100 000 Euro rechnen. Jeder Gerätetest darin kostet nochmals 12 000 bis 15 000 Euro“, sagt Kardel. Weswegen auch die Verbraucherzentralen, die Stiftung Warentest oder die Deutsche Umwelthilfe nicht nachprüfen können, ob die komplexen Werte auf dem Energie-Label tatsächlich stimmen.

Die Hersteller prüfen sich gegenseitig

Kontrollen gibt es trotzdem: durch die Hersteller untereinander. „Der Wettbewerb funktioniert ganz gut. Die Hersteller werden bei auffällig guten Werten ihrer Wettbewerber misstrauisch und prüfen die Geräte dann nach“, sagt Christiane Böttcher-Tiedemann von der Stiftung Warentest.

Auch beim Reinigungsgerätehersteller Kärcher saugen nicht nur eigene Geräte den Normstaub im Testlabor auf. „Wer dem Verbraucher auf dem Energie-Label beste Werte verspricht, muss diese auch einhalten können“, sagt Tobias Wahl. Denn immerhin achten inzwischen 80 Prozent der Kunden auf das Label, wenn sie einen Fernseher, einen Kühlschrank oder eine Waschmaschine kaufen, so der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Künftig werden sie das auch beim Staubsauger machen.

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