Von Mirko Bähr Weil am Rhein. „Ich wusste gleich, dass da etwas kaputt ist“, erinnert sich Fabio Viteritti an die Szene, die ihn aus den Fußballerträumen riss. Am 11. Mai kickte in der Regionalliga Nordost der 1. FC Magdeburg gegen Babelsberg. Ein gegnerischer Spieler fliegt an und trifft den 21-jährigen seitlich am Knie. Kreuzbandriss! Jetzt. Drei Monate später. Knallharte Reha mit Sporttherapeut Fabian Gottschalk. Viteritti schuftet für sein Comeback. Vor gut vier Jahren zog es den Weiler vom FC Basel, wo er nach den Stationen beim FC Friedlingen und SV Weil landete, in den Osten der Republik. Die A-Junioren Bundesliga lockte. Schnell wurde der wendige Mittelfeldmann ins Regionalligateam berufen, wo er insgesamt 71 Partien für den Traditionsverein absolvierte. Viteritti fühlte sich wohl fern ab der Heimat: Zu den Heimspielen kamen zwischen 6000 und 7000 Fans ins 27250 Plätze fassende, moderne Stadion, die Trainingsbedingungen in Magdeburg waren hervorragend. Und auch der Verein war zufrieden mit den Leistungen der Offensivkraft aus dem Dreiländereck. Sein Ex-Trainer Andreas Petersen, Vater von Werder-Profi Nils Petersen, adelte ihn sogar als „moderner Mario Götze“. Petersen ist nun nicht mehr in Magdeburg. Und Fabio Viteritti auch nicht. Zwar bot der 1. FC Magdeburg dem 1,74 Meter großen Techniker einen Zwei-Jahres-Vertrag an, doch der Sohnemann von Franco Viteritti, Coach des SV Weil III, lehnte trotz der schweren Verletzung ab. „Ich will einen weiteren Schritt machen“, sagt Viteritti bei einer Apfelschorle im Brustton der Überzeugung. Angebote soll es aus der 3. Bundesliga gegeben haben, die nach der Diagnose Kreuzbandriss aber wieder im Sande verliefen. Der Chemnitzer FC soll die Fühler ausgestreckt haben. Aber auch RB Leipzig soll vor einiger Zeit bei ihm angeklopft haben. Daraus wurde aber nichts. Momentan ist das Talent, das am 15. Mai operiert wurde, ohne Verein. Ein Hoffnungsschimmer gibt es: Mit einem Regionalligist befindet er sich in erfolgsversprechenden Verhandlungen. Fabio Viteritti ist sich sicher, dass er gestärkt aus dieser schweren Verletzung hervorgeht. Beispiele gibt es genügend im Fußball. Sein Ziel: „Profifußball“, kommt es aus ihm, wie aus einer Pistole geschossen. „Für diesen Traum lebe ich jeden Tag.“ Nach diesem Verletzungs-Albtraum viel mehr. „Man schätzt nun viel mehr, was man hat. Man lebt bewusster, schaut mehr auf seinen Körper“, wird Fabio Viteritti nachdenklich. Viel Zuspruch habe er erhalten. Die Familie war gleich für ihn da, Freunde unterstützen ihn. Dem Gegenspieler, der da am viertletzten Spieltag in der siebten Minute angerauscht kam, macht er keinen Vorwurf. „Ich kenne seinen Bruder, weiß, dass es ihm leid tut und es keine Absicht war. Vielleicht war es auch ein wenig mein Fehler. Ich mache einen Schritt rüber, möchte den Ball abschirmen.“ Drei Monate sind vergangen: „Jetzt steht die Rückkehr zum Sport an“, macht Fabian Gottschalk klar. Der Sporttherapeut im Rehazentrum in Haagen ist für die Rehabilitation zuständig. „Das Kreuzband ist angewachsen, die Struktur ist gefestigt. Die OP ist hier das A und O. Fabio hatte das Glück, dass er Leistungssportler ist und deshalb unmittelbar operiert wurde. Er ist sehr weit“, sagt Gottschalk und wirft Viteritti den Ball zu. Jetzt geht es um fußballspezifische Dinge. „Stop and Go, Richtungsänderungen oder Schnellkraft“, weiß Fabian Gottschalk. Sein Patient konnte es kaum erwarten. „Ich habe mich richtig drauf gefreut“, so Viteritti, der in der Ruhephase Fußball nur auf der Spielekonsole betreiben konnte. Nach sechs Monaten ist das Knie im Zustand wie vor der OP. Dann ist wieder alles erlaubt. Eine Phase, die aber nicht ungefährlich ist. Gerade, wenn es zum Körperkontakt oder unvorhergesehenen Bewegungen kommt. Dann stellt sich immer wieder die Frage: Hält das Knie" Nach neun Monaten ist das Kreuzband wieder voll durchblutet und spätestens dann ist die völlige Stabilität wieder hergestellt. Wie kann man einen Kreuzbandriss vermeiden" Prävention ist das Schlüsselwort. „Oft sind es gar keine Fouls, sondern vielmehr unvorhergesehene Bewegungen, die koordinativ nicht abgefangen werden können. Gerade beim Zweikampf in der Luft oder schnellen Richtungsänderungen. Da kann man durch Trainingsarbeit viel vorbeugen.“ In der Vorbereitung zur Rückrunde will Fabio Viteritti angreifen. „Er muss das Vertrauen in sein Knie zurückbekommen, reinfinden“, meint Gottschalk. Der Coach des TuS Stetten ist sich aber sicher, dass Viteritti in „besserer körperlicher Verfassung als vorher“ zurückkommen wird. Auch der 21-Jährige ist guten Mutes, schuftet täglich für seine Rückkehr auf dem grünen Rasen. Dort haben seine Ex-Kollegen erst für Furore gesorgt, als sie im DFB-Pokal Bundesligist Augsburg aus dem Wettbewerb kegelten. Viteritti verfolgte es im Autoradio auf der Autobahn. „Ich habe mich gefreut für die Jungs.“