Grenzach-Wyhlen Grundlohn: sozial oder marktliberal?

Die Oberbadische
Prof. Ueli Mäder von der Uni Basel sprach im evangelischen Gemeindehaus in Grenzach über das Thema „garantiertes Grundeinkommen: sozial oder marktliberal?“. Foto: Manfred Herbertz Foto: Die Oberbadische

Prof. Ueli Mäder fragt im VHS-Vortrag: Was tun gegen Armut und soziale Gegensätze?

Grenzach-Wyhlen (mh). Eine alte Idee lebt neu auf. Alle Mitglieder einer Gemeinschaft erhalten ein bedingungsloses Grundeinkommen, das die existenziellen Bedürfnisse befriedigen und die gesellschaftliche Teilhabe fördern soll. Das Grundeinkommen ist als individueller Rechtsanspruch konzipiert, ohne Arbeitszwang und ohne Nachweis einer Bedürftigkeit.

Auf Einladung der Volkshochschule und der evangelischen Kirchengemeinde Grenzach sprach der Soziologe Prof. Ueli Mäder (Universität Basel) über das Thema und diskutiert mit den Besuchern über Vorbehalte sowie Vor- und Nachteile. VHS-Leiter Hennig Kurz freute sich über den sehr guten Zuspruch, den der Vortrag gefunden hatte. Mäder skizzierte in seinem Vortrag einen Vorschlag, der darauf hinausläuft, die erkämpfte soziale Sicherheit nicht zu unterlaufen, sondern auszuweiten.

Der Soziologe machte seinen Vortrag dabei am Beispiel der Schweiz fest, wo erst kürzlich eine Initiative eingebracht wurde, die die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens fordert. Hinter dieser Forderung steht die Idee, nach der jedes Gesellschaftsmitglied unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage, eine gesetzlich festgelegte und für jeden gleiche finanzielle Zuwendung erhält, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. In der Schweiz habe man ein sehr gut ausgebautes System der sozialen Sicherheit, das allerdings nicht Schritt halte mit dem Wandel der Lebensformen, so Mäder. Obwohl Alleinlebende und Alleinerziehende zunähmen, richte sich die soziale Sicherung noch immer auf die klassische Familie aus, die es je länger desto weniger gäbe. Zudem sei nach Mäder das System sehr einseitig erwerbsorientiert. Wer arbeitslos und ausgesteuert ist, falle durch die Maschen.

Mäder skizzierte verschiedene Alternativen, von denen einige keine grundlegende Existenzsicherung garantieren. Um aber die soziale Sicherung zu gewährleisten, sollte ein Grundeinkommen geschaffen werden, das an die vorhandene soziale Sicherung anknüpft und diese ergänzt.

Der Soziologe blendet auch nicht die aktuelle Diskussion um die „Armutsmigration“ aus. Er stellte die Frage, was geschehe, wenn es eine garantierte Existenzsicherung gäbe: „Will dann überhaupt noch jemand malochen und unangenehme Arbeiten verrichten?“ Er glaubt, es sei unwahrscheinlich, dass die Arbeitskräfte ausgehen, denn Arbeit habe noch einen hohen Stellenwert: Diese vermittle Selbstwert und Befriedigung. Das, so ist sich Mäder sicher, dürfte auch nach einem Ausbau der Grundsicherung weiterhin so bleiben.

Außerdem sieht er einen Vorteil darin, dass dann bei weniger Erwerbsarbeit mehr Raum für kreative Selbsttätigkeit, für soziale Beziehungen und demokratische Teilhabe vorhanden sei. Zudem könnte ein garantiertes Grundeinkommen helfen, unattraktive Arbeiten besser zu verteilen und zu bezahlen.

Wenn man vom angelsächsischen Finanzkapitalismus wegkomme, der Kapital höher als Arbeit bewerte, könne man durchaus den Schritt in die richtige Richtung tun. Denn wer sozial gesichert ist, fragt

Wer sozial gesichert ist, fragt eher nach dem eigentlich Wichtigen

sich auch eher, was eigentlich wichtig ist im Leben. Und so würde er sich freuen, wenn es gelänge, die Utopie eines sozialen und nicht marktliberalen Grundeinkommens mehr in die Realität zu integrieren.

Ueli Mäder verstand es, die sehr komplexen Sachverhalte prägnant und verständlich darzustellen. Und angeregte Diskussionen im Anschluss zeigten, dass das Thema durchaus die Menschen bewegt.

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