Grenzach-Wyhlen Lachende Fische und Klangschönheiten

Die Oberbadische
Nostalgie im Park: Das Ensemble „Orchester Linie 28“ spielte Klassisches bei Klassikanderswo. Fotos: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

„klassikanderswo“: Zwei Konzertabende im Zelt im Emilienpark: Kammerorchester Basel und Orchester Linie 38

Von Jürgen Scharf

Grenzach-Wyhlen. Vier Geschichten aus den Kinderbuch-Klassiker „Struwwelpeter“ und eine Story von Musikern im Hotel – das sind die Produktionen, mit denen das Kammerorchester Basel den Dialog mit der Jugend sucht. Mit diesen „Klassenzimmerstücken“ gehen die Musiker eigentlich sonst in Schulen zu Kindern und Jugendlichen. Bei „klassikanderswo“ waren sie das erste Mal in einem Zirkuszelt im Emilienpark.

Wie begeistert man heute junge Leute für Musik, unabhängig von sozialen und kulturellen Hintergründen? Sicher nicht über den Konzertsaal, sondern indem man direkt auf sie zugeht und aktiv mitmachen lässt wie im Lach-Refrain bei „Kinder brauchen Struwwelpeter“. Im Zelt übernahmen die Kinder kleine Rollen von „Miau“ bis zu lachenden Fischen.

Die vier Musiker waren lustig und bunt gekleidet. Ewa Miribung (Violine, Banjo, Gesang) ist ein freches Paulinchen, das mit dem Feuer spielt; Jan Wollmann hält seine Trompete als Hanns-guck-in-die-Luft nach oben und stolpert über den Hund zur tapsigen Melodie aus Haydns „Sinfonie mit dem Paukenschlag“. Dann machen alle ein Selfie, und es geht auch ein bisschen didaktisch zu: „Was denkt ihr, warum lachen wir“, fragt der Hanns.

Konstantin Timokhine (Horn) mimt den Zappel-Philipp mit roter Perücke und gelben Schuhen. Zu dieser komischen Figur passte bestens Richard Strauss’ Thema aus „Till Eulenspiegels lustige Streiche“. Ob der Philipp heute still bei Tische sitzen will, das konnte man bei diesem munteren Darsteller bezweifeln. Schön war, wie die geplagten Eltern in dieser Szene zu Standbildern erstarrten.

„Pfui, ruft da ein jeder, garstiger Struwwelpeter“: Irgendwie steckt ja in jedem von uns ein Struwwelpeter. „Der Friederich, das war ein arger Wüterich“: Georg Dettweiler am Cello ist ein aufmüpfiger böser Friederich mit wilder Mähne und passenden burlesken Schostakowitsch-Klängen.

Nach der Pause kommen der Geiger Tamás Vásárhelyi, der Klarinettist Etele Dósa, der Trompeter Simon Lilly und der Cellist Christoph Dangel in die Manege mit Rollkoffern, unterwegs auf Tournee in Südamerika: Transfer zum Flughafen, Abflug, Vorprobe, Konzertauftritt mit „old Beethoven“. Der Musikeralltag wird in „Heim-Spiel“ (wieder Regie: Salomé im Hof) als Zeitreise nacherzählt. Das Stück ist anspruchsvoller, aber nicht weniger lustig.

Witzig ist der Streit bei der Probe, wenn die Musiker den Takt nicht halten können, informativ die kleine Instrumentenkunde und Musiklehre über Klassik, Jazz, Klezmer und Volksmusik. Wie schon die Spieler zuvor, haben auch die Vier eine super Bühnenpräsenz. Irgendwann ziehen sie Fräcke an und überraschen als veritables Gesangsquartett. Man staunt nur so über das schauspielerische Talent der wandlungsfähigen Musiker vom Kammerorchester Basel bei dieser originellen musikalisch-theatralischen Inszenierung.

Richtig „klassisch“ ging es dann bei dieser siebten Auflage von „klassikanderswo“ mit dem Orchester Linie 38 zu. Mit der „Kleinen Nachtmusik“ stand die populärste aller Mozart-Serenaden auf dem Programm, in geschmeidigem Mozart-Ton mit viel natürlicher Verve vorgetragen. Weniger bekannt fürs große Publikum war Samuel Barbers Adagio für Streicher, ein großes Crescendo, aufgeführt in entspannter Atmosphäre des Zelts voller Espressivo-Klangschönheit.

Joel Bardolet spielte die Sologeige in Bartóks Rumänischen Volkstänzen, und das nötigte Respekt ab, denn das Ensemble zeigt sich hier mit mitreißendem Temperament und Gespür für vibrierende Rhythmik. Nach der Pause Mendelssohns Geniestreich, das Oktett in Es-Dur, in einer hinreißenden Streicher-Interpretation mit viel Schwung und einem fulminanten letzten Satz, der schon richtig orchestral und sinfonisch klang.

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