Die Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung der Gemeinde Grenzach-Wyhlen schieben seit Jahren einen riesigen Schuldenberg von rund 24 Millionen Euro vor sich her. Dieser soll langfristig schrumpfen – dank einem „Trick“. Von Tim Nagengast Grenzach-Wyhlen. Bürgermeister und Kämmerer können ein Lied davon singen: Hat man als Kommune im Wasser- und Abwasserbereich ersts einmal Schulden angehäuft, kommt man von diesen kaum noch herunter. Denn mit dem Verkauf von Wasser dürfen keine Gewinne erzielt werden. Der Gesetzgeber verlangt jedoch ein kostendeckendes Arbeiten. Vereinfacht gesagt: Stehen beziehungsweise standen beispielsweise Investitionen ins Leitungsnetz oder an einem Hochbehälter an, werden diese Kosten schlussendlich auf den vom Bürger zu zahlenden Wasserpreis umgelegt. Das Paradoxe: Spart der Bürger mit Wasser, wird die Rechnung am Schluss sogar teurer, denn die Infrastruktur ist vorhanden und muss teuer unterhalten werden. Egal, ob durch eine Leitung nur zehn oder 1000 Liter Wasser fließen. Das Schuldenproblem In Grenzach-Wyhlen jedenfalls hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ein gewaltiger Schuldenberg aufgehäuft. So haben die beiden kommunalen Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Darlehen über rund 24 Millionen Euro laufen – 20 Millionen entfallen dabei allein auf den Abwasserbereich. Tendenz: leicht steigend. In Zeiten der Niedrigzinsen mag dieser Schuldenberg noch einigermaßen beherrschbar sein. Ziehen die Zinsen jedoch wieder an, wird rasch ein Strick daraus. Genau diese Sorge treibt Verwaltung und Gemeinderat seit vielen Jahren um. Freilich ohne eine Lösung gefunden zu haben, denn die Gemeinde darf nicht einfach beispielsweise den vom Bürger zu bezahlenden Wasserpreis pro Kubikmeter verdoppeln, um den Eigenbetrieb sukzessive zu entschulden. „Gewinne“ sind ja kraft Gesetzes nicht zulässig. Der Lösungsansatz Nun allerdings zeichnet sich ein Silberstreif am Horizont ab, denn wie Bürgermeister Tobias Benz am Dienstagabend im Betriebsausschuss berichtete, gibt es eine – wenn auch begrenzte – Möglichkeit, wie die Eigenbetriebe (und damit letztlich die Gemeinde) sukzessive aus der Schuldenmisere herauskommen könnten. Als Experten hatte er Steuerberater Manuel Maul (Rödl & Partner, Nürnberg) eingeladen. Maul zeigte im Betriebsausschuss einen Weg auf, wie es – stark vereinfacht gesagt – möglich ist, ohne rechtliche Hemmnisse im Wasserbereich „Erträge“ zu erzielen, die in den Kernhaushalt der Gemeinde transferiert und von dort dem Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung zugeführt werden können, um diesen sukzessive – über viele Jahre – langsam zu entschulden. Gewinnerzielungsabsicht Grundsätzlich richten sich die Gebührenhöhe und -kalkulation nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG). Demnach dürfen die Gebühren höchstens so bemessen werden, dass die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen insgesamt ansatzfähigen Kosten (Gesamtkosten) der Einrichtung gedeckt werden. Würde die Gemeinde nun – wie von Benz gewünscht – in die Satzung des Eigenbetriebs Wasserversorgung eine „Gewinnerzielungsabsicht“ einarbeiten, müsste sie Steuern abführen. Maul riet der Verwaltung, diesen Weg zu beschreiten. Denn laut KAG können Versorgungseinrichtungen, wie die Wasserversorgung eine ist, einen „angemessenen Ertrag“ für den kommunalen Haushalt abwerfen. Ferner regle auch die Gemeindeordnung, dass wirtschaftliche Unternehmen, wozu die Wasserversorgung zählt, einen gewissen Ertrag abwerfen sollen – im Rahmen des Vertretbaren allerdings. Die Gemeinde kann also nicht einfach nach Gusto massiv an der Gebührenschraube drehen, aber doch etwas erhöhen. Satzungsänderung nötig Was heißt das nun konkret" Zuerst einmal nicht viel, denn als erster Schritt müssten die Satzungen der Eigenbetriebe angepasst und die Gewinnerzielungsabsicht eingearbeitet werden. Diese Satzungsänderung soll kommendes Jahr angegangen werden, sofern der Gemeinderat diesen vorgeschlagenen Weg mitgehen will. Im Betriebsausschuss zeichnete sich hier schon einmal ein weitgehender Pro-Konsens ab, wie den – teils überraschten – Wortmeldungen zu entnehmen war. Das Thema kam aber überhaupt das erste Mal aufs Tapet und geht daher jetzt erst einmal zur Beratung in die Fraktionen. Bürgermeister Benz: „Der Scheitelpunkt muss jetzt erreicht sein. Ständiges Schuldenwachstum ist kein Weg. Wir müssen jetzt ein Entschuldungskonzept mit einem langfristigen Effekt über Jahre entwerfen. Denn im Prinzip sind die Wasserbezugsgebühren jahrzehntelang durch die Gemeinde subventioniert worden.“ Wasser wird teurer Was heißt das für den Bürger" Das Wasser wird auf lange Sicht sukzessive teurer werden. Unabhängig von der Idee, die Satzung des Eigenbetriebs Wasserversorgung um eine Gewinnerzielungsabsicht zu ergänzen, wird die seit 2012 stabil bei 1,40 Euro pro Kubikmeter verharrende Frischwassergebühr zum 1. Januar 2017 um 11,5 Prozent auf neu 1,56 Euro angehoben. Die Gebühren für Schmutzwasser sinken aufgrund von Überdeckungen aus Vorjahren von 2,39 auf 2,27 Euro pro Kubikmeter. Niederschlagswasser dagegen wird unterdeckungsbedingt teurer: von 22,05 auf 22,82 Euro pro Berechnungseinheit (25 Quadratmeter versiegelter Fläche, die an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossen ist). Die neuen Gebührensätze gelten für die Jahre 2017 und 2018.