Grenzach-Wyhlen Makellos beherrschter Aufschrei

Die Oberbadische

Kammerchor und Bläser der Klassischen Philharmonie Stuttgart

Von Willi Vogl

Grenzach-Wyhlen. Chorwerke von Richard Strauss und Anton Bruckner stellen für die meisten Chöre eine gewaltige Herausforderung dar, zumal wenn der Chor wie in Bruckners Messe Nr. 2 e-Moll durchgängig Hauptdarsteller des musikalischen Geschehens ist. Der Kammerchor Stuttgart und Bläser der Klassischen Philharmonie Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius meisterten diese Aufgabe in der Katholischen Kirche St. Michael in Grenzach im Rahmen ihrer jüngsten Tournee durch Süddeutschland allerdings bravourös.

Anlässlich von Richard Strauss‘ 150. Geburtstag eröffnete der Stuttgarter Kammerchor sein Programm mit seinem 16-stimmige a-cappella-Werk „Der Abend“. Lange Haltetöne – am Anfang über eine Minute auf dem hohen ‚g‘ der Soprane – bildeten nicht nur das technische Fangnetz für kunstvoll verschlungene Stimmführung mit abwärtsgeführter warm duftender Chromatik. Sie verleihen den instrumental gedachten klangmalerischen Blüten um den Text von Friedrich Schiller auch die grundlegende Deutungsperspektive.

Wenngleich Anton Bruckners Motetten „Ave Maria“ (1861) und „Christus factus est“ (1884) rein kirchenmusikalische Funktionsmusik ist, waren sie bereits zu Lebzeiten des Meisters beliebte Konzertmotetten. Während der Chor bei Strauss vor allem seine enorme Treffsicherheit unter Beweis stellte, war man bei Bruckner immer wieder vom voluminösen Schönklang in allen Registern von intensiv artikulierter Höhe bis schwärzester Tiefe beeindruckt. Große Lautstärke äußerte sich nie als unkontrolliertes Schreien sondern unmissverständlich als technisch makellos beherrschter Aufschrei im Dienste der Textaussage.

Zwischen den Motteten verwiesen die Posaunisten Michael Peuser, Matthias Jauß und Matthias Dangelmaier mit zwei „Aequales“ in c-Moll von Anton Bruckner auf die Bestattungskultur Österreichs im 19. Jahrhundert. Majestätisch und mit allzeit getragener Atemführung versetzten die exzellenten Blechbläser das Publikum in brucknersche Totenandacht.

Bruckners weit zerklüftete 40-minütige Messe Nr. 2 e-Moll war das Hauptwerk des Abends. Die lateinischen Standarttexte boten dem Meister schönste Gelegenheit für fantasievolle Satzgestalten. Von dezenten Einwürfen und harmonischen Stützen der Bläser abgesehen, stand im Kyrie und Gloria chorische Deklamation im Vordergrund. Im Credo gewannen zunehmend nervöse bis ungestüme Unisoni an Bedeutung, um etwa bei „Et incarnatus est“ in lieblichen Kontrast umzuschlagen. Bei „Et resurrexit tertia die“ öffneten sich in repetierten Figuren sogar die bläserischen Grabplatten einen Spalt. Bruckner bevorzugt durchweg breite Artikulationen und die 15 Stuttgarter Bläser verstanden es damit in ausgewogener Balance die Deklamationskunst des Chores aufs Schönste zu intensivieren.

Mit kleinen Gesten vermochte Dirigent Frieder Bernius eine Fülle an Farben zu entfalten, die im Agnus Dei schließlich in stürmischen Beifall mündeten.

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