Handball Ikone Kretzschmar schüttelt den Kopf

Die Oberbadische
Die Spieler lehnen das Harzverbot rundweg ab. Foto: Mirko Bähr Foto: Die Oberbadische

Handball Handballer in Alarmbereitschaft: Weltverband strebt Harzverbot an

Harzverbot! Gemeint ist damit nicht das höchste Gebirge Norddeutschlands, sondern das Haftmittel, ohne das kaum ein Handballer mehr auskommt. Während die Stammurlauber dieses Mittelgebirges in Deutschland also aufatmen dürfen und dort weiter nach Herzenslust Wandern und Skifahren dürfen, sind die Akteure dieser Hallensportart in Alarmbereitschaft versetzt.

Lörrach. Der Präsident des Weltverbandes (IHF) mit Sitz in Basel, Hassan Moustafa, hatte jüngst in einem Interview erklärt, dass man das Benutzen von Harz weltweit verbieten wolle.

„Wir brauchen ein Harzverbot aus gesundheitlichen Gründen, weil unser Harz ein Chemieprodukt ist. Vor allem aber, weil das Harz die Böden und Hallen enorm verschmutzt“, machte der Ägypter in den Stuttgarter Nachrichten deutlich. So habe der Weltverband bisher knapp eine Million Euro für dieses Vorhaben finanziert. Das Projekt sei zu 80 Prozent abgeschlossen.

Spezieller Ball mit Hafteigenschaften wird entwickelt

Der Weltverband hatte einen Hersteller damit beauftragt, einen Ball zu entwickeln, der so gut haftet, dass es Natur- oder Kunstharz als Spray oder Wachs nicht mehr braucht. Ab wann soll das Harz denn aus den Hallen verbannt werden? Moustafa: „Ich denke, in einem Jahr sind wir soweit. Und diese Regel gilt dann für alle Spiele – von der Weltmeisterschaft bis zur Kreisliga, und selbstverständlich auch für den Jugendbereich.“

TV-Experte und Handball-Ikone Stefan Kretzschmar schüttelt den Kopf: „In der heutigen Zeit vermute ich hinter jeder positiven neuen Änderung einen ökonomischen Gewinn für irgendjemanden“, sagte er jüngst bei Sport1: „Also sollte wirklich jemand nachweisen, dass dieses Harz absolut gesundheitsschädlich ist, dann muss man sich natürlich darüber Gedanken machen. Es ist nur anscheinend die letzten 20 Jahre keinem aufgefallen, dass es gesundheitsschädlich ist, oder es war kein Thema“, sagte der 43-Jährige.

Und was halten denn die Handballerinnen und Handballer aus der Region von diesem Vorhaben? Unser Sportredakteur Mirko Bähr hat sich umgehört.

„Ich finde den Vorschlag vollkommen schwachsinnig. Und ich hoffe, dass er sich nicht durchsetzen wird. Niemand, der mit Harz spielt, kann dieses Vorhaben verstehen. Handball ist ein schneller Sport, man ist auf Harz angewiesen, um präzise Würfe zu fabrizieren“, macht Svenja Friedlin vom Drittliga-Aufsteiger TV Brombach deutlich. „Da man in dieser Sportart schwitzt, wird der Ball sehr schnell rutschig, man hat kaum Kontrolle über den Ball.“ Tom Spieß vom TV Großwallstadt hält vom Harzverbot ebenso „gar nichts“. Harz gehöre zum Handball und zwar schon seit Ewigkeiten. „Ich hoffe, es setzt sich nicht durch. Das ist mal wieder so eine Regeländerung, die irgendwelche IHF-Funktionäre in ihren Büros ohne Praxisbezug beschließen.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die selbstklebenden Bälle das Harz ersetzen können. Man benötigt das Harz in erster Linie, um den Ball besser fangen zu können, aber auch für Trickwürfe“, sagt Jonas Schamberger vom ESV Weil, der weiß, wie es ist, ohne Haftmittel auskommen zu müssen. Denn in der Landesliga herrscht beim Auswärtsspiel bei der SG Maulburg/Steinen und in Pfullendorf Harzverbot in der Halle. „Ich stehe dem möglichen Harzverbot sehr kritisch gegenüber“, meint Max Rinderle, Co-Trainer des frisch dekorierten Klub-WM-Siegers Füchse Berlin. Allerdings verstehe er ja die Grundidee voll und ganz. „Auch in Berlin ist die Reinigung von Sporthallen schwierig und kostenintensiv.“

Die Umstellung fiele sehr schwer, ist sich Friedlin sicher. Zwar solle es gut haftende Bälle geben, aber die können den Schweiß an den Händen auch nicht verhindern. „Ist der Ball einmal nass, dann rutscht er.“ Es wäre viel sinnvoller, ein Harz zu entwickeln, welches nicht schädlich für die Spieler und wasserlöslich sei, sodass auch die Hallen sauber bleiben würden. Auch Schamberger glaubt nicht an eine reibungslose Umstellung: „Die fällt sehr schwer, da man ja bereits im Jugendbereich mit Harz trainieren.“ „Wenn kein Ball entwickelt wird, der nicht 1:1 mit dem Einsatz von Harz mithalten kann, zerstört es unsere Sportart womöglich, da das Spiel komplett verändert und qualitativ enorm geschädigt werde“, erklärt Max Rinderle. In keiner höherklassigen Liga gebe es ein Harzverbot in den Hallen, weiß Tom Spieß. Die Umstellung, glaubt der Drittliga-Akteur werde sehr schwierig. „Manche Spieler brauchen wenig Harz, manche viel. Kann der Ball das auch regulieren?“

„Mit dieser Regelung würde sich der Sport stark verändern. Er wird uninteressanter und langsamer. Es wäre nicht mehr der Handball, den man kennt“, erklärt Svenja Friedlin. „Handball spielen ohne Harz im Aktiv-Bereich ist in meinen Augen nicht mehr vorstellbar. Man verbietet dem Fußballtorwart ja auch nicht die Handschuhe“, sagt Jonas Schamberger. „Ich hatte den Ball, der das Harz abkömmlich machen soll, bereits in der Hand und kann mir nur schwer vorstellen, dass er nach mehrmaliger Benutzung klebrig bleibt“, lässt Lars Spieß wissen.

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