Sieht man einmal von der Filmmusik ab, dann weist die Vertonung der bittersüßen Sage um „Tristan und Isolde“ allerhöchste Seltenheit auf. Roland Kroell, Minnesänger und Liedermacher aus Waldshut, hat sich ans Werk gemacht, war sieben Jahre beschäftigt und gab in der Erdmannshöhle eine Vorstellung einiger seiner 24 vertonten Verse. Hasel (ib). Kein Abklatsch von Wagner, der mit seiner Oper die berühmteste Vertonung der Handlung um das legendäre Liebespaar schuf, sondern völlig eigene Melodien entstanden in Kroells Kompositionsschmiede. Als Vorlage diente ihm eine Auswahl an Versen - unglaubliche 19 548 birgt die Originalfassung des Minnesängers Gottfried von Straßburg. Anno 1210 verfasste dieser den bis heute geschätzten literarischen Stoff aus der Mittelalter-Ära. Der Stoff also, der sich dem Sittlichen und dem Unsittlichen einstiger Moralvorstellungen widmete. Kroell trat als Heinrich Roland von Louffenburg auf, spielte Langhals-Laute und Dulcimer (Zitherart) sowie Flöte. Flankiert wurde er von zwei ebenso historisch gewandeten Künstlerinnen: der Tänzerin und Harfenspielerin „Kathrin von Klingen“ sowie von „Ailyn, Freyvrouwe von Zähringen“. Letztere bediente ein Saiteninstrument, ähnlich einer Klangliege, mit beträchtlichem Resonanzkasten namens „Monochord“ (Sandawa) sowie zwei nicht minder herrlich klingende Wassertrommeln. Kroell übernahm die Hauptmelodie, Ailyn sorgte fürs melodische Fundament. Das Liebespaar war nicht zu sehen, man musste es sich herbeidenken. Der Fantasie auf die Sprünge halfen die seltenen Instrumente, die sich bei der einstündigen Darbietung langsam aber sicher ins Interesse schoben, und die Hermetik des Themas aufgriffen. So eröffneten sich stürmische Texte mittels stürmischer Akkorde. Kroell sang die Verse mit kraftvoller wie deutlicher Stimme, hier sanft, da aus voller Kehle, mal psalmodierend, mal schwungvoll. Gleichwohl verstand man, trotz genauer Programmhinweise, die Sprache nur ansatzweise. Kein Wunder, wurde das Versepos von Tristan (der Traurige) und „Îsôt“ doch in der längst vergangenen Sprachstufe des Mittelhochdeutschen aufgesetzt. Gleichwohl gab es brillant inszenierte, optische Höhepunkte, etwa der Tanz „Kathrin von Klingens“, die zum Schluss hin den Programmpunkt „Lameir“ geradezu zelebrierte. Lameir, ein Liebesbekenntnis Isoldes an Tristan, das im Kusse endet. Die Tänzerin verstand es mit einem – im Grunde Stück Stoff - die Augen zu fesseln. Auf faszinierende Weise verwandelte sie sich mittels des glänzenden und vor Farbintensität strotzenden Faltengewebes in das bewegungsintensive Sinnbild eines Engels mit fast vier Meter breiten Flügeln oder in einen gigantischen Schmetterling, ganz wie man die Figur deutete. Und zu deuten gab es einiges. Die „Sturmwetere uf dem See“ im Zuge der Entführung Tristans beispielsweise, eine wilder Part, die Kroell, der Regisseur, kontrastvoll anlegte. Komplett vom Geräusch erfüllt war der Tempel, wie sich der Schauplatz laut Höhlenkarte offiziell nennt, beim Rauschen des Meeres. Hier hatte man die wunderbare Gelegenheit, ein wahrlich imposantes Instrument kennen zu lernen: die Wellentrommel (Ocean-Drums). Tausende winziger Perlen aus Stahl suggerierten eine täuschend echte Meeresgischt. Von den machtvollen Gefühlen des Paares berichtet die Sequenz „Ougenweide“, die das Paar nach dem Liebestrunk zusammen bringt. Erneut füllt Kroells Stimme die Erdmannsgrotte mühelos, und Tänzerin Kathrin, in ein dünnes Kostüm wechselnd, schien von den zehn Grad Raumtemperatur rein gar nichts mitzubekommen. Der Schluss des Exzerpts führt gemäß dem letzten wichtigen Schauplatz des Originals in die Liebesgrotte, und da dachte sich der Besucher, kann es eine bessere Symbiose geben" Die literarische Einführung oblag Silvia Samendinger; ein Schlussplädoyer auf die Minne (Liebe) gab Roland Kroell.