Hausen im Wiesental Einprägsame Prosaerzählungen

Markgräfler Tagblatt
Liesa Trefzer mit dem Saxophonisten Matthias Gubler. Foto: Georg Diehl Foto: Markgräfler Tagblatt

Liesa Trefzer-Blum liest im Hebelhaus neue, unveröffentlichte Kurzgeschichten

Von Jürgen Scharf

Hausen. Aus dem Leben gegriffen sind die Geschichten, die Hebelplakettenträgerin Liesa Trefzer-Blum im Wechsel mit eigener Lyrik im Hebelhaus in Hausen las, dem Ort ihrer Kindheit. Es waren neuere unveröffentlichte Kurzgeschichten, die einen Bezug zum Hebeldorf haben. Die Lesung war ein „Heimspiel“ für die Dichterin; schließlich ist sie hier geboren und aufgewachsen und kannte das Haus lange, bevor es Literaturmuseum wurde.

Es sind Alltagsgeschichten, niedergeschrieben aus der Erinnerung, mit einem teils nostalgischen Flair, bei denen der Zuhörer ähnlich wie Bürgermeister Martin Bühler empfinden mag, der die Lesung eine „Geschichtsstunde“ nannte. Alle haben solche Erlebnisse gehabt wie Liesa Trefzer, viele auch Verwandtschaft in der Schweiz, so dass man mitfühlen kann. Etwa bei der großen Erzählung, die mit ihr und Hausen zu tun hat, eine grenzüberschreitende Komponente vorweist und nicht von ungefähr „Grenzwertig“ betitelt ist.

Sommer 1954, vor exakt 60 Jahren. Die siebenjährige Liesa ist allein unterwegs im Zug zum Badischen Bahnhof, die mahnenden Worte von zuhause im Ohr: „Pass gut auf!“. Wie sagte doch der Vati einmal am Grenzübergang an der Schwingtür: „Dahinter ist die Schweiz“. Ein ganz besonderes Land. Basel, so glaubte die kleine Liesa, sei nur ein anderer Name für Schweiz.

Sie hat ein schönes Bild von der Schweiz, wo sie zu Tante und Onkel in die Ferien fährt. Vornehm und süß war ihr Bild von diesem Land. Da passt gar nicht der streng dreinblickende Zöllner an der Zollabfertigung, der Mann in Uniform, der ihr nicht geheuer ist und der im Kinderköfferchen ein Fläschchen Schnaps und Speck findet, was man nicht mitnehmen durfte. Eine nachdenkliche Geschichte, humorvoll und einfühlsam aus dem Blickfeld und der Erinnerung des Kindes erzählt. Viele haben das damals so erlebt. Die Schweiz war eine andere Welt, eine andere Kultur.

Schlicht, aber einprägsam und menschlich mitfühlend sind diese Prosaerzählungen. Wie auch jene über Helmut, der einen alten Handleiterwagen mit Sack und Kiste hinter sich herzieht. Anschaulich, wie die Autorin seine Gangart beschreibt, wie er aussieht, wie er ist; er scheint alt geworden, grau gefärbt das Haar, verschlossen das Gesicht, und mit Worten tut er sich schwer. So zieht er durchs Dorf, hält an, belädt seinen Wagen und geht weiter seines Wegs. Er war Sammler und Entsorger. Bei den Dorfkindern gibt es immer ein Hallo, wenn er kommt, sie kletterten mit „Hüscht“ und „Hott“ auf seinen Leiterwagen. „Wir Kinder staunten“ - aus dieser Sicht ist die liebevolle Erzählung über einen sonderbaren Menschen verfasst.

Ähnlich nahe gehen andere niedergeschriebene Beobachtungen, etwa die über den kleinen Jungen, der sich am Containergriff festhält und fast mit dem Greifarm auf dem Müllwagen landet, auf dem in großen Lettern steht: „Ihr Mist gibt einen Haufen Energie“. Um Existentielles wie Alltagssorgen, bange Nächte macht sich Liesa Trefzer auch in ihrer konzentrierten, verdichteten Lyrik Gedanken, in denen sie sogar Klangfarben nachhört. „Ich bin so komplex wie mein Jahrhundert“, sagt sie.

Aber es war nicht nur eine Lesung, sondern eine Lesung mit Musik, bei der der Basler Saxophonist Matthias Gubler empfindsam mit Zwischenspielen und improvisierten Kommentaren die Texte illustrierte. Besonders eindrücklich hörbar wurde dies in dem musikalisierten Gedicht „Felsblöcke gewälzt“, bei dem Lyrik, Klänge und Geräuschen zusammenspielten.

Zum Abschluss gab Liesa Trefzer dem Publikum en passant noch ein paar Aphorismen mit auf den Nachhauseweg, die man beherzigen sollte. Denn wer trägt sich nicht auch schon länger mit dem Gedanken: „Wie nehme ich mich bloß auf die leichtere Schulter?“

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