Hausen im Wiesental Erst in Not, dann ein Neustart

Markgräfler Tagblatt
Pfarrerin Martina Weber-Ernst inmitten der Frauen und des Mannes, die von ihren Fluchtgeschichten erzählten; rechts Constanze Streu, die sich seit über einem Jahr um die Flüchtlinge kümmert. Die Bilder sind von Maltherapeutin Eva Wuchner. Foto: Klaus Brust Foto: Markgräfler Tagblatt

Buß- und Bettag: Fluchtgeschichten waren Thema eines besonderen Gottesdienstes in Hausen

Mit dem Lied „Unfriede herrscht auf dieser Erde“ wurde in der evangelischen Kirche in Hausen ein sehr gut besuchter Buß- und Bettagsgottesdienst eingeleitet, der große Betroffenheit auslöste.

Hausen (kb). Waren es die neun Bilder auf schwarzem Grund mit fragenden Augen, künstlerisch gestaltet von der Maltherapeutin Eva Wuchner, die sie im Zusammentreffen mit Fahrnauer Flüchtlingskindern angefertigt hatte? Oder waren es die mit einfachen Worten geschilderten Erlebnisse von vier jungen Menschen, die ihre Heimat Afghanistan aus unterschiedlichen Gründen verlassen hatten, um in Deutschland einen Neustart zu wagen?

In ihrer Ansprache erinnerte Pfarrerin Martina Weber-Ernst daran, dass bereits in der Antike ein spezieller Bußtag gefeiert und Gott um Erbarmen angefleht wurde, dass im Jahr 1995 der gesetzliche Feiertag abgeschafft wurde, aber dennoch 21 Jahre später über aktuelle Bewegungen nachgedacht werden sollte, wie man die Themen rund um diesen besonderen Tag angehen könne.

Bewegend und zu Herzen gehend schilderten drei junge Frauen zwischen 16 und 19 Jahren – Bahora, Parisa und Rihana – ihre Fluchtschicksale. Mädchen gelten nichts, dürfen unter der Talibanherrschaft nicht aus dem Haus und keine Schule besuchen, schilderten sie und bedankten sich, dass sie in Schopfheim auf die Friedrich-Ebert- und die Waldorfschule gehen dürfen oder ein Praktikum als Köchin machen können. Als Muslima erzählten sie auch von Schwierigkeiten mit dem Kopftuch und bedeckten Armen, die manchen Berufswunsch einengen oder nicht ermöglichen.

Viele Gefahren lauerten

Von Fernsehbildern kennt man die Gefährdungen durch Schlepperbanden und bei Bootsfahrten von der Türkei nach Griechenland; in den Schilderungen wurden sie lebendig, als berichtet wurde, wie in einem acht Meter langen Schlauchboot 100 Flüchtlinge nach Motorausfall, mit den Händen paddelnd, eine Insel erreichten. Tagelang zu Fuß, manchmal ohne Hilfe von Menschen, ging es über die Balkanroute bis nach Passau und München. Schwer hat es der 28-jährige Rahim, der in Afghanistan bei der Armee und der Polizei tätig war und dessen Onkel von den Taliban getötet wurde. Weil ihm das gleiche Schicksal bevorstand, ist er heute froh, in Fahrnau zu sein.

Leider kann er diese Schulen altershalber nicht besuchen, er möchte Automechaniker werden und wird von „Schopfheim hilft“ in der deutschen Sprache unterrichtet. Als Ansprechpartnerin setzt sich für alle vier Flüchtlinge Constanze Streu ein. Sie erfuhr aber auch als Lernende von den Flüchtlingen, was Gastfreundschaft und Ehrung der Älteren bedeutet. Gemeinsam zu essen, das Essen an den Tisch zu bringen, Teller mit Brot zu teilen, sollte ein vereinfachtes Abendmahl symbolisieren.

In den Fürbittgebeten sprach Pfarrerin Martina Weber-Ernst die Frage der Gerechtigkeit, das Abgeben vom Überfluss und die Hilfe in Not zu den gezeigten eindringlichen Augen-Bildern an. Ein nachdenklich stimmender Gottesdienst.

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