Frauen an die Macht! Mit Marina Reichmann schwang beim Jahreskonzert der Hebelmusik am Samstag erstmals in der 160-jährigen Geschichte des Musikvereins eine Frau den Taktstock. Von Anja Bertsch Hausen. Reichmann war im Januar für den kurzfristig verhinderten Hausener Stammdirigenten Jean-Christophe Naas eingesprungen und hatte die Konzertvorbereitung der Musikertruppe übernommen - „konzentriert, humorvoll, mit Temperament, Charme und Frauenpower pur“, schwärmte Hebelmusik-Vorsitzende Sandra Boos. Das Ergebnis überzeugte: Waren Musiker und Interims-Dirigentin einander bis zu jenem Zeitpunkt unbekannt, so präsentierten sie sich beim Jahreskonzert bei einem so unterhaltsamen wie anspruchsvollen Programm unterm Motto „Fantasie und Träumereien“ als harmonisches Ganzes: Mitreißende Spielfreude oben auf der Bühne, begeisterter Applaus unten im proppenvollen Saal der Festhalle - am Ende eines beinahe dreistündigen Konzertabends waren alle Zweifel weggeblasen, die sich angesichts einer bis zur letzten Minute mit „ziemlich viel Ungeplantem“ (Sandra Boos) gespickten Vorbereitungszeit womöglich aufgebaut hatten. Orchester sprüht vor Spielfreude Die Hebelmusiker sprühten förmlich vor Spielfreude und Begeisterung für die musikalische Sache - ein Elan, der vom Publikum mit begeistertem Applaus goutiert wurde. Das musikalische Programm rankte sich um „Fantasien und Träumereien“ und bespielte überwiegend modernere Blasmusikliteratur jenseits der klassischen Marsch-Route. „Passender hätte das Motto für diesen Abend nicht sein können“, versprühte Moderator „Wiki-Mario“ Brugger seinen ganz speziellen Charme zu Beginn in Richtung Chefetage: „Etwas Traumhafteres als heute ist noch nie auf dem Dirigentenpult gestanden“, bekannte Brugger offenherzig-schelmisch, um sich dann doch auf die Vorstellung der ausgewählten Stücke zu konzentrieren: Vertonte Märchen-, Zauber- und Zirkuswelten zwischen verspielt-träumerisch, bedrohlich und spannungsgeladen. Im Eingangsstück „The Winged Stallion“ von Rossano Galante folgten Musiker und Zuhörer den so majestätischen wie kraftvollen Schwüngen des geflügelten Hengstes Pegasus aus der griechischen Sagenwelt. Im nächsten musikalischen Akt begleiteten die Hebelmusiker Zauberlehrling Harry Potter auf seine so phantastischen wie spannenden Abenteuer. Zauberhaftes mit Harry Potter Die symphonische Suite aus der Feder von Patrick Doyle bespielt ein weiteres Spektrum unterschiedlicher Stimmungen und Musikstile und erweckt beim Zuhörer die Szenen des Bestsellerromans zum Leben. Mit dunkel-dräuenden Klängen und grell-dissonanten Akzenten ist zum Ende hin der Auftritt des grundbösen Lord Voldemort besonders eindrücklich in Szene gesetzt. Buchstäblich zauberhaft startete die zweite Hälfte mit einem Auszug von Melodien aus dem Musicalfilm-Klassiker „The Wizzard of Oz“/ „Der Zauberer von Oz“ aus dem Jahr 1939 - darunter das bekannte „Somewhere over the Rainbow“ oder das vor drei Jahren unter zweifelhaften Umständen - zum Tode von Maggie Thatcher nämlich - erneut an die Spitze der britischen Charts gespülte „Ding! Dong! The witch is dead! (Die Hexe ist tot)“. Zwischen schwelgerisch dahinfließenden Melodien und treibenden Latino- und Diskorhythmen changierte das Medley von Showmelodien des „Cirque du Soleil“ in einem Arrangement von Victor Lopez, bevor die Hebelmusiker im wunderschönen „Imagasy“ (einer Wortkreation aus den Begriffen „imagination“ und „fantasy“) von Thiemo Kraas nochmals ihr komplettes Klangspektrum von vorsichtig tastenden Tonsprengseln einzelner Register bis zur mächtigen Klangfülle des kompletten Ensembles bespielten und das Konzert zum furiosen Finale führten. Zwei Zugaben waren fällig, bis ein zufriedenes Publikum die Musiker von der Bühne entließen.