Inzlingen Zu Mecki und Lurchi

Die Oberbadische
„Adieu, Inzlinger Grundbuchamt!“: Ratsschreiber Reinhard Keller und seine Stellvertreterin Karin Kramer haben gestern zum Abschied den Aktenberg bestiegen. Foto: Tim Nagengast Foto: Die Oberbadische

Abschied: Grundbuchamt Inzlingen

Das Grundbuchamt Inzlingen ist Geschichte. Zwei Lastwagen haben gestern Morgen die Grundbücher und -akten abgeholt. Diese werden nach ihrer Digitalisierung künftig im Grundbuch-Zentralarchiv in Kornwestheim gelagert.

Inzlingen. Reinhard Keller zögert nicht lange, als der Autor dieses Artikels ihn bittet, einen Turm voller Kartons mit Grundbüchern zu erklimmen. Fürs Abschiedsfoto. Übermannshoch auf Paletten gestapelt warten die rund 140 Kisten im Werkhof auf ihre Abholung.

Eine Leiter ist schnell organisiert. Keller klettert nach oben, setzt sich auf die Akten, die er drei Jahrzehnte lang betreut hat und lässt die Beine baumeln. Seine Stellvertreterin Karin Kramer kommt hinzu.

Etwas wehmütig, Herr Keller? „Nein, eigentlich nicht. ich hab’ das hier immer gerne und mit Herzblut gemacht. Aber so ist eben der Lauf der Dinge“, sagt der Inzlinger Ratsschreiber. Ein gutes Drittel seiner Arbeit sei er stets mit Grundbuchdingen beschäftigt gewesen, hält er fest. Und: „Es gibt tatsächlich Ratsschreiber, die in dieser Situation in Tränen ausgebrochen sein sollen.“

Ab 2018 gibt es keine Grundbuchämter mehr

Martin Frenk nickt wissend. Mit einigen Spediteuren im Schlepptau klappert er seit rund fünf Jahren sämtliche in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden kommunalen Grundbuchämter ab. Und am gestrigen Montagmorgen war Inzlingen an der Reihe. Da genügen zwei Lastwagen, denn so groß ist die Anzahl der Grundbücher und -akten aus der kleinen Wasserschlossgemeinde ja nicht. „Bis zum 31. Dezember dieses Jahres gibt es keine kommunalen Grundbuchämter mehr“, sagt Frenk.

Er ist als „Eingliederungsmanager“ unterwegs und sorgt dafür, dass die Akten ihr Ziel erreichen: die ehemalige „Salamander“-Fabrik in Kornwestheim. „Also geht’s zu Mecki und Lurchi“, sagt Reinhard Keller in Anspielung auf die bekannten Maskottchen des Schuhherstellers. Die Originaldokumente werden dort „für immer“eingelagert. „Wenn wir alle haben, werden es etwa 182 laufende Akten-Kilometer sein, hat Frenk ausgerechnet.

Künftig ist das Amt in Emmendingen zuständig

In Zukunft befindet sich das für Inzlingen zuständige zentrale Grundbuchamt in Emmendingen – dann, wenn der gesamte Aktenbestand digitalisiert ist. Dies werde noch rund drei bis vier Monate dauern, weiß Frenk. Im Wasserschloss selbst gibt es ab jetzt nur noch eine Grundbucheinsichtsstelle. Wer entsprechend berechtigt ist – etwa als Grundstückseigner –, kann bei Reinhard Keller künftig das Grundbuch einsehen und auch einen Ausdruck erhalten. Mehr nicht mehr. Alles Weitere läuft künftig über Emmendingen.

Die Grundakten und -dokumente aus dem Waieland, die in Kornwestheim eingelagert werden, reichen teilweise zurück bis ins 18. Jahrhundert, berichtet Reinhard Keller. Die Grundbücher in ihrer heutigen Form gebe es seit dem Jahr 1900. Und es wird sie auch weiterhin geben, nur eben in digitaler Form.

Warum braucht man für 140 Kisten eigentlich zwei Lastwagen? Reicht da nicht einer? „Das hat Sicherheitsgründe“, erklärt Martin Frenk, während ein Speditionsmitarbeiter mit seinem Hubwagen die nächste Palette Kartons abtransportiert. In einen Laster kommen die Grundbücher, in den anderen die Grundakten. Letztere sind auch in den Grundbüchern enthalten. Sollte also ein Transporter einen Unfall haben, wären die wertvollen Dokumente dennoch nicht verloren.

Mittlerweile stehen alle Paletten in den beiden Lastwagen. Reinhard Keller und Karin Kramer riskieren einen letzten Blick, bevor die Laderampen hochgeklappt werden. Das war’s – ein Verwaltungskapitel ist geschlossen.

Die Arbeit geht nicht aus

Der im Grundbuchamt im Wasserschloss frei gewordene Platz wird übrigens nicht lange leer bleiben. Ratsschreiber Keller will beispielsweise die bisher in der Alten Schule eingelagerten Bauakten ins Rathaus holen. Und auch sonst wird ihm die Arbeit nicht ausgehen, ist er doch auch für die Gemeinderatsarbeit und für das Standesamt zuständig. „Ich muss zum Beispiel bald die Personenstandsbücher digitalisieren“, sagt Keller. Und auch das in der Alten Schule bleibende Gemeindearchiv „gehört mal auf Vordermann gebracht“, hält der 60-Jährige fest. Zu tun bleibt also weiterhin genug – trotz weniger Papier.

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