Kandern Die eigenen Daten sind ein „schützenswertes Gut“

Weiler Zeitung
Udo Kauß bei seinem Vortrag zum Thema Datenschutz in der Stadtbücherei Kandern Foto: Alexandra Günzschel Foto: Weiler Zeitung

Vortrag: Der Anwalt Udo Kauß spricht in Kandern über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Kandern (ag). „Ich habe doch nichts zu verbergen.“ Das denken viele, wenn es um die Unmengen von Daten geht, die schon heute über uns erfasst und gespeichert werden. Das ist zu kurz gedacht, findet der Freiburger Anwalt Udo Kauß und pocht auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Grundbedingung für eine demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft.

Unter der Überschrift „Datenschutz contra Big Data oder Sicherheitsrisiko Mensch“ war der Bürgerrechtler, er ist auch in der „Humanistischen Union“ engagiert, als Referent in der Stadtbücherei Kandern zu Gast. Seine Ausführungen, die zum Nachdenken anregten, hätten sicherlich ein etwas größeres Publikum verdient gehabt.

Viel Zeit ist vergangen, seit Anfang der 80er Jahre nur die Ankündigung einer Volkszählung einen regelrechten Sturm der Entrüstung auslöste. In dieser Zeit wurde das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vom Bundesverfassungsgericht anerkannt. Dabei waren die Daten, die seinerzeit anonym erhoben wurden, nichts im Vergleich zu dem, was die Bevölkerung heute tagtäglich freiwillig über sich preisgibt.

Kauß denkt dabei keineswegs nur an Smartphones oder das Internet: Auch die elektronische Gesundheitskarte oder die gerade populären Gesundheits-Apps, die zum Beispiel Schritte zählen, hält er für problematisch. Ein „System der Selbstentmündigung“, wie der Redner fand, mit dem man sich letztlich „zum Komplizen der eigenen Selbstüberwachung“ mache.

Überwachung ist nichts Neues und geht auch analog: „Bis in die 70er Jahre hinein sind 80 Prozent der Post in die DDR von Geheimdiensten abgefangen worden, wiederum 80 Prozent davon wurden vernichtet, und haben den Empfänger nie erreicht“, berichtete Kauß.

Doch die Möglichkeiten sind heute andere: Es gibt immer mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum und auch automatische Kennzeichenlesesysteme im Straßenverkehr. Ziel solcher Maßnahmen sei die vorbeugende Verbrechensbekämpfung, führte der Referent aus, was nichts anderes bedeute als einen „Generalverdacht gegen alle Bürger“.

Hinzu kommen automatische Systeme zur Gesichtserkennung. Sind sie wirklich nichts anderes als der Polizist, der an der Ecke steht, wie die Befürworter juristisch argumentieren? Kauß hat seine Zweifel.

Und dann gibt es da noch die sozialen Netzwerke im Internet. Häufig bekommen die Nutzer dort nur noch solche Nachrichten zu Gesicht, die der eigenen Meinung entsprechen und diese so verstärken. Ein Umstand, der beim Präsidentschaftswahlkampf in den USA eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben soll.

Bei der anschließenden Diskussion ging es auch darum, ob nicht ein Großteil der Bevölkerung bereit sei, den Datenschutz für mehr gefühlte Sicherheit preiszugeben. Kauß will erreichen, dass die Bürger zumindest ein gewisses Unbehagen haben. Ziel sollte es sein, Herr der eigenen Daten zu bleiben, betonte er. Sie seien ein schützenswertes Gut.

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