Kandern Held oder Verbrecher?

Weiler Zeitung
Spannender Filmvormittag im kommunalen Kino Kandern mit Lehrer Andreas Wittmann, Rechtsanwalt Udo Kauß und Büchereileiter Peter Diegel. Foto: Marco Schopferer Foto: Weiler Zeitung

Film- und Literaturtage: Neun Kanderner Schulklassen beschäftigten sich mit Edward Snowden

Ist Edward Snowden ein Held oder ein Verbrecher? Gleich neun Schulklassen der Kanderner August-Macke-Schule bekamen im Rahmen der Film- und Literaturtage diese durchaus knifflige juristisch-philosophische Frage bei einer Filmfortführung im kommunalen Kino gestellt.

„Freunde bespitzeln, das geht gar nicht“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Bekanntwerden der Dokumente von Edward Snowden. Für US-Bürger war es noch viel schlimmer. Dass auch sie vom eigenen Geheimdienst NSA bespitzelt wurden, war bis dahin unvorstellbar. Millionenfach und jeden Tag. Ein klarer Verstoß US-amerikanischer Gesetze – für die bis heute kein Verantwortlicher im Knast landete.

Aber auch der im Auftrag des Geheimdienstes bei einer privaten Firma beschäftigte Computerfachmann Snowden verstieß gegen das Gesetz der Geheimhaltung. Mit seiner Flucht über Honkong konnte er sich einer Strafverfolgung entziehen. Er sitzt seit 2013 unfreiwillig in Russland fest, weil die USA ihm seinen Pass annulliert haben und er nun nicht mehr weiterreisen kann.

Ein Held für Menschenrechte, verstoßen von einem der führenden westlichen Nationen, die ihm doch so dankbar sein müsste. Diese klare Botschaft vermittelt zumindest der Film „Snowden“ die Hollywood-Regie-Ikone Oliver Stones auf die Leinwand bannte. Spannend wie ein Thriller, packend wie ein Drama, bei dem es um tausende von Menschenleben geht.

Dabei geht es um hunderte von Millionen von Menschen, die jederzeit, fast immer und fast überall abgehört werden können. Auch zuhause, in ihren Wohn- und Schlafzimmern, über Fernseher und Smartphones. Über das soziale Netzwerk Facebook oder Nachrichtendienste wie Whats-App und Twitter.

„Seid sparsam mit euren Daten“, warb der Freiburger Rechtsanwalt Udo Kauß. Denn eines sei schon jetzt klar: Die überwachungstechnische Grundstruktur für eine Diktatur stehe. Käme eine üble Regierung ans Ruder, sei der Schalter für eine diktatorische Verfolgung der Bürger schnell umgelegt. Sensibel müsse man deshalb beobachten, ob und wie der Staat seine Bürger bespitzelt. Im Rahmen der Gesetze und auf Anordnung durch Richter sei dagegen sicherlich nichts einzuwenden. Dann sei es richtig, wenn Polizei und Geheimdienste spähten und aushorchten, befand der Rechtsanwalt.

Und müssen da die Schüler nicht Maßnahmen entwickeln, um sich von besonders beliebten Spähprogrammen wie Facebook. Twitter oder WhatsApp zu trennen? Lehrer Andreas Wittmann sah keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Es reiche, wenn die Schüler von den Bedrohungsszenarien wüssten.

„Wird Snowden jemals wieder frei sein, hinreisen können, wohin er will?“, fragte eine Schülerin. Das könne derzeit niemand sagen, fand Rechtsanwalt Udo Kauß. Snowdens Freundin wollte auf diesen Sankt Nimmerleinstag jedenfalls nicht warten, sie zog längst nach Russland.

Übrigens: Vereinzeltes Gelächter gab es bei der Filmvorführung auch. Im Abspann, als der heutige US-Präsident Donald Trump die Todesstrafe für Snowden forderte. Weltfremd wie so oft zeigte sich der weltpolitische Polterer. Wohl niemand wünschte sich im Kinosaal, dass die Forderung des US-Präsidenten Wirklichkeit wird. Irgendwie schienen sich alle zu wünschen, einfach vom wissbegierigen Staat und von Geheimdiensten in Ruhe gelassen zu werden, und in Frieden und Freiheit leben zu können. Da passte dann auch das Schlusswort des Rechtsanwaltes: „Hört nicht auf alles, was euch die Lehrer sagen, Strengt euer eigenes Gehirn an“. Worte, für die es zaghaften Applaus gab.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading