Kandern (bb). Während seiner 40-jährigen Tätigkeit als Architekt hat Hermann Wagner im Kanderner Stadtbild viele Akzente gesetzt. Der Mitbegründer der Freien-Wähler-Vereinigung hat sich auch über Jahrzehnte in der Kommunalpolitik engagiert. Heute kann der Altstadtrat in körperlicher und geistiger Frische den 85. Geburtstag feiern. Mit zwei Geschwistern wuchs Hermann Wagner in einer Kanderner Friseurmeisterfamilie auf und absolvierte eine Lehre im Maurerhandwerk, um anschließend auf der Hochschule in Konstanz zum Ingenieur für Hochbau zu avancieren. Der junge Bauingenieur gründete 1953 sein eigenes Planungsbüro und hatte keine Mühe, hier Aufträge zu bekommen. Nach dem Krieg war allerorten Wohnbau angesagt. In Kandern wurden unter seiner Mitwirkung neue Wohngebiete am Böscherzen, Häßler, Ölmättle und Käppele erschlossen. Von seinen ersten geplanten Wohnhäusern für die Unternehmerfamilien der Brezelfabrik Mayer und des Sägewerks Schmiederer steht letzteres inzwischen unter Denkmalschutz. Im Kandertal, Wiesental und Rebland fand Wagner Bauherren, für die er über 1200 Neu-, Erweiterungs- und Umbauten privater und gewerblicher Objekte zum Abschluss brachte. Außerhalb der Hochbau-Planungen war das Kanderner Schwimmbad sein größtes Projekt. Bei der Gründung der Freien-Wähler-Vereinigung in Kandern war Wagner 1953 eines der jüngsten Mitglieder. Später führte er den Vorsitz im Verein und 20 Jahre lang als Stadtrat in der Fraktion. Auch für örtliche Vereine hatte der Jubilar ein offenes Ohr. Für die honorarfreie Planungsarbeit durch ihr Vereinsmitglied waren der Fußball-Club, die Schützen in Kandern und Tannenkirch, das DRK, Kleintierzüchter und die DLRG dankbar, als Vereinsdomizile errichtet oder umgestaltet wurden. Auch die Gemeindesäle in Riedlingen und Feuerbach sowie der kirchliche Jugendraum in Malsburg tragenWagners Handschrift. In seiner Freizeit ließ Hermann Wagner seiner kreativen Ader freien Lauf. Nach Berufsende sammelte er neue Erfahrungen in Seminaren, Kursen und Workshops, um sich nach anfänglichem Zeichnen und Malen der Keramik, dem Bronzeguss, der Bildhauerei mit Stein und Holz sowie der Schaffung von Skulpturen mit verschiedensten Materialen, auch aus Eisen oder Beton, zu widmen. Menschen hätten ihn immer begeistert, sagt der rüstige Mittachtziger, wie schon im Beruf so auch im künstlerischen Schaffen. Derzeit entstehen in seinem Atelier neue Figuren zum Thema „Hüllen“ – anmutend und zugleich originell. 1955 hatte Wagner Anneliese Schöpflin geheiratet. Zwei noch lebende Kinder und ein Enkel zählen zu den Nachkommen. Der älteste Sohn kam als 35-jähriger durch einen Motorradunfall ums Leben. Die Ehefrau, die ihm für den Beruf und die kommunalpolitischen Tätigkeiten stets den Rücken freihielt, starb vor zwei Jahren. Seit dem Tod seiner Frau führt Wagner seinen Haushalt selbstständig, sechs Mal pro Woche gibt es warmes Essen aus eigener Küche, gelegentlich wird ein Kuchen gebacken. Der Zier- und Gemüsegarten, eine große Obstbaumwiese (Apfelsaft wird selbst produziert) und ausgedehnte Spaziergänge halten den Jubilar fit. Nicht zu vergessen die körperliche Ertüchtigung bei der Vorbereitung zur Prüfung für das Deutsche Sportabzeichen, das er beim TSV Kandern - in den Fünfzigerjahren war Wagner mehrere Jahre Vorsitzender der Ringerabteilung - in diesem Sommer bereits zum 35. Male anstrebt. Lesen, Kreuzworträtsel- und Sudokulösen sind seine weiteren „Hilfsmittel“, auch geistig fit zu bleiben. Der heutige Ehrentag wird dem Jubilar in besonderer Erinnerung bleiben, denn so viele Gäste und Gratulanten hatte er an einem Rosenmontag noch nie empfangen. Die private Feier mit der Familie wird nach Fasnacht stattfinden.