Kleines Wiesental Ein Prozess reihte sich an den anderen

Markgräfler Tagblatt
Hansjörg Noe erläuterte die „Werwolfmorde“. Foto: Heiner Fabry Foto: Markgräfler Tagblatt

GeschichteHansjörg Noe berichtet über die „Werwolfmorde“ im Kleinen Wiesental und die Folgen

Kleines Wiesental (hf). Bei der Gedenkveranstaltung zu den „Werwolfmorden“ (siehe oben stehenden Bericht) berichtete Lokalhistoriker Hansjörg Noe nach neuen Recherchen über die Verbrechen.

1945 wurden acht Jugendliche in Hägelberg und Elbenschwand, sogenannte „Werwölfe“, eingesetzt, die in den Wäldern Geschützunterstände bauen sollten. Befehligt wurden sie von dem ehemaligen SS-Offizier Kurt Rahäuser. Um die Arbeiten schnell zum Abschluss zu bringen, wurden den Jugendlichen zehn Zwangsarbeiter aus Osteuropa zugeteilt.

Nach den Recherchen von Noe bestand zu Beginn der Arbeiten ein kameradschaftliches Verhältnis. Nach den Prozessunterlagen erhielten die drei Jugendlichen in Hägelberg am 25. April 1945 schriftlich den Befehl, die Zwangsarbeiter zu erschießen. Die Leichen wurden später von Pilzsuchern gefunden. In Elbenschwand waren bei den Schanzarbeiten zwei der Zwangsarbeiter – vermutlich mit Einverständnis eines der Hitlerjungen – geflohen. Rahäuser begab sich dorthin, beschimpfte und bedrohte die „Werwölfe“ und befahl, die restlichen Zwangsarbeiter zu erschießen. Die Hitlerjungen ließen in zwei Gruppen die Zwangsarbeiter vor sich her gehen und erschossen sie von hinten und liefen weg.

Im Mai 1950 berichtete der „Spiegel“ vom ersten Prozess vor einem französischen Militärgericht. Kurt Rahäuser war untergetaucht, einer der „Werwölfe“ lebte in München und nahm auf Anraten der amerikanischen Behörden nicht am Prozess teil. Das französische Militärgericht verurteilte Rahäuser in Abwesenheit zum Tode, die Jugendlichen erhielten Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zu sechs Jahren. Rahäuser tauchte erst nach sieben Jahren wieder auf, als der Überleitungsvertrag in Kraft trat, der unter anderem besagt, dass Personen, die bereits rechtskräftig verurteilt wurden, wegen der gleichen Angelegenheit nicht noch einmal vor Gericht gestellt werden dürfen.

Rahäuser kehrte zurück und lebte seit 1956 wieder in Deutschland. 1964 wurde Rahäuser erneut angeklagt, da Zweifel bestanden, ob die frühere Rechtsauffassung rechtens war. Obwohl Rahäuser nicht persönlich an der Ermordung beteiligt war, wurde ihm vom Gericht die Hauptverantwortung zugesprochen. Zu einer Verurteilung kam es wegen des „Überleitungsvertrags“ nicht. 1985 kam zu einem Wiederaufnahmeverfahren.

„Was in den beiden vorhergehenden Prozessen noch ganz klar und gut dokumentiert war, ist nun überhaupt nicht mehr klar“, betonte Noe. Rahäuser bestritt, Befehle gegeben zu haben, obwohl er das in einem früheren Prozess selbst bestätigt hatte. Die Mordanklage wurde fallengelassen. Rahäusers Verteidiger machte „Befehlsnotstand“ geltend. Kurt Rahäuser erhielt wegen Beihilfe zum Totschlag eine Gefängnisstrafe von drei Jahren.

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