Baustopp für die Tiefgarage auf dem Gelände der ehemaligen Rosentalhäuser in Basel: Arbeiter haben eine intakte Grabanlage aus dem Jahr 1890 freigelegt. Von Dominik Vorhölter Basel. Dass die Gebäude auf einem aufgegebenen Friedhof standen, war bekannt, aber die neuen Funde sind trotzdem eine wertvolle Entdeckung: „Was wir bisher noch nicht wussten, ist, dass auch noch einen Teil des alten Friedhofs intakt ist“, berichtet Ausgrabungsleiter Norbert Spichtig von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt. Seine Behörde übernahm umgehend die Regie auf dem 200 Quadratmeter großen Areal am Messeturm und stoppte dort die Bauarbeiten. Anstatt an dem Aushub für das Parkhaus zu arbeiten, haben die Bauarbeiter mehrere Skelette freigelegt. Dieser Fund entpuppte sich als bisher unberührte Grabstätten, die zum zentralen Friedhof von Kleinbasel gehören, der von 1832 bis 1890 existierte. Die Ruhestätten werden nun von einem Team der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt genau unter die Lupe genommen. Das besondere sei, dass die Gräber noch unversehrt sind, erklärt Spichtig. „Uns ist wichtig, dass die Bestattungsstätten im Original vorhanden sind.“ Nur so sei es möglich, die dort begrabenen Personen zu identifizieren, das heißt, ihr Alter und Geschlecht zu bestimmen, erklärt Spichtig. Anhand der Knochenfunde können die Forscher auch den Todesumständen der dort von 1832 bis 1890 bestatteten Leichen auf den Grund gehen. „Jedes Skelett ist wie ein Bioarchiv und speichert viele Informationen“, erläutert der Forscher. Dafür sichern die Archäologen die Skelette vorsichtig und dokumentieren jeden einzelnen Knochenfund. Damit dürften sie für einige Zeit beschäftigt sein, denn die Gräber wurden damals teilweise dreifach belegt. „Die dreifache Belegung nach jeweils 25 bis 30 Jahren geschah, weil durch das große Bevölkerungswachstum die Bestattungsplätze knapp waren“, erläutert Spichtig. Bei den aktuellen Ausgrabungen handelt es sich um Kindergräber. Grabfunde wie diese sind eine wichtige historische Quelle, die über die Stadtgeschichte Kleinbasels während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erzählen. Sie leisten einen wertvollen Beitrag, um diese Epoche nachzuzeichnen. Neben den Knochen existieren auch Dokumente des alten Friedhofs als Forschungsquelle. Dies mache die Funde so interessant, meint der Ausgrabungsleiter. „Die Arbeiten der Archäologen sind für uns alle wichtig“, so Stefan Waiz, der Bauleiter des Unternehmens Implenia. Allerdings sei die zeitliche Verzögerungen durch den behördlich angeordneten Teilbaustopp nicht vorgesehen gewesen. Somit musste die Firma einen Teil der Angestellten in den bezahlten Urlaub schicken. Schon bei den Planungen habe die Archäologische Bodenforschung auf die Existenz des Friedhofs hingewiesen, weiß Spichtig. Wie lange indes die Bagger auf der Fläche stillstehen müssen, ist bislang unklar. „Ich kann derzeit nicht abschätzen, wie lange unsere Arbeiten dauern werden“, bedauert Spichtig. Kommende Woche habe er sich ein Bild von der Lage gemacht, verspricht er. Zum Schutz der Forscher darf kein schweres Gerät eingesetzt werden. Bisherige Bauarbeiten werden derzeit nur teilweise und in Abstimmung mit der Archäologischen Bodenforschungs-Behörde ausgeführt. Die ersten Funde vom Friedhof Kleinbasel hat es im Jahr 1946 im Rahmen der Errichtung des Rosentalhauses gegeben. Die Gräber wurden damals nicht archäologisch untersucht, sondern gleich auf den Hörnli-Friedhof verlegt.