Kreis Lörrach Betriebe müssen umdenken

Die Oberbadische
Viele Handwerksberufe haben es schwer. Immer weniger junge Menschen wollen Bäcker oder Metzger werden. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Ausbildung: Unternehmen zeigen bei der Suche nach Auszubildenden Kreativität

Von Michael Werndorff

Vielerorts sind die Zeiten vorbei, in denen sich Arbeitgeber die besten Auszubildenden aus einer Fülle von Bewerbern aussuchen konnten. Jetzt heißt es innovativ sein und neue Wege beschreiten, um junge Menschen für eine Ausbildung in Handel oder Handwerk zu begeistern.

Kreis Lörrach. Metzger, Bäcker, Stuckateur, Koch oder Verkäufer: Das sind nur einige Arbeitsfelder, die bei der Jugend nicht an oberster Stelle auf der Berufswunschliste stehen. Während es zum Beispiel im Kfz-Gewerbe nach wie vor mehr Bewerber als Ausbildungsplätze gibt, müssen Arbeitgeber in anderen Bereichen lange suchen, bis eine Stelle besetzt ist, oder besser neue Wege beschreiten, um den Arbeitskräftebedarf langfristig zu sichern.

Das weiß auch Metzger Joachim Lederer aus Weil am Rhein. Er hat schon früh reagiert und ein Netzwerk aufgebaut. „Das funktioniert. Auf uns kommt zum Beispiel das Landratsamt zu und vermittelt Kontakte zu jungen Menschen, die Metzger werden wollen.“ Dabei leiste er Integrationsarbeit, verweist Lederer auf den Migrationshintergrund einiger Azubis. Und: Man müsse auch Geld in die Hand nehmen, so fielen etwa Sprachkurse an oder die Vermittlung von Unterkünften, sieht der Firmenchef Handlungsbedarf bei vielen Betrieben: „Die müssen jetzt umdenken“, fordert er. „Denn: Wer keine neuen Wege beschreitet, hat in Zukunft auch keine Azubis mehr“, ist er überzeugt.

Doch nicht nur bei der Erstausbildung gibt es Herausforderungen: Im Umschulungswesen wird auch händeringend nach Lernwilligen gesucht, insbesondere im Gastronomiebereich, wie Christof Wilke, Leiter Gastrobereich der bbv-Akademie in Lörrach, im Gespräch mit unserer Zeitung sagte.

Im Auftrag vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit werden dort unter anderem jedes Jahr Köche ausgebildet – Voraussetzung ist ein Bildungsgutschein. „Leider ist die Nachfrage in den beiden vergangenen Jahren stetig zurückgegangen“, stellt Wilke fest. Dabei seien die Arbeitsbedingungen gut, verweist er auf die Arbeitszeit von 7.30 bis 17 Uhr im Kantinenbereich. In den vergangenen vier Jahren hätten drei Köche ihre zweijährige Umschulung mit Erfolg absolviert, „das wollen wir auch gerne neuen Umschülern ermöglichen, denn wir haben noch freie Plätze“.

Dass bei den Betrieben bereits ein Umdenken stattgefunden hat, stellt IHK-Ausbildungsberater Rainer Reisgies fest. Die Betriebe zeigen an den Ausbildungsbörsen in der Region verstärkt Präsenz. Die Börse in Weil am Rhein platze schon aus allen Nähten, stellt der Experte fest, und auch im Personalmarketing der Unternehmen habe sich schon viel verändert. „Die Unternehmen verlassen sich nicht mehr allein auf die Wirkung von Inseraten, sondern sie besuchen Schulen, schicken Ausbildungsbotschafter, also Lehrlinge die auf Augenhöhe mit den Schülern sprechen können, und sie setzen verstärkt auf Onlineplattformen, wie die der IHK.

Eine weitere Option ist die grenzüberschreitende Ausbildung, wovon im Besonderen der Handel profitiert, wie Reisgies erklärt: Azubis aus Frankreich besuchen die Schule in Saint-Louis, erhalten aber einen deutschen Arbeitsvertrag und arbeiten in hiesigen Geschäften.

Die Sprachbarriere sei dann nach relativ kurzer Zeit auch kein Problem mehr, stellt der Ausbildungsberater fest.

Und dann wären da noch die Extras, mit denen Unternehmen um Azubis buhlen: Bäckermeister Fritz Trefzger aus Schopfheim habe damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Er hat zum Beispiel für seine Azubis die Kosten des Handyvertrags übernommen. Das spreche sich rum, meint Trefzger. Aber auch so finde er immer noch junge Menschen, die Bäcker, Konditor oder Bäckereifachverkäufer werden wollen. Dabei setzt er bei Lehrstellenbörsen insbesondere auf seine Azubis als Ansprechpartner und das charakterliche Potenzial der Bewerber, die nicht immer mit schulischen Bestnoten glänzen.

Noten seien zwar wichtig, sie garantieren aber noch lange nicht den erfolgreichen Abschluss der Lehre. Trotz der zunehmenden Herausforderungen schaue er nicht sorgenvoll nach vorne. Das Bäckerhandwerk habe immer noch Zukunft, zeigt sich Trefzger zuversichtlich.

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