Kreis Lörrach Daten zu Informationen machen

Die Oberbadische
Moderne Anwendungsmethoden finden in der Industrie verstärkt Anwendung. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Industrie 4.0: Unternehmer beschäftigen sich mit der Fabrik der Zukunft / Arbeitsplatz vor Veränderungen

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Ein Werkstück, das morgens sagt, was es abends werden will, gibt es noch nicht. Welche Veränderungen die „Industrie 4.0“, also die vierte industrielle Revolution, aktuell und künftig mit sich bringen kann, hat am Donnerstagabend aber eine Veranstaltung von „connect Dreiländereck“ gezeigt. Ermutigend für die Arbeitnehmer: Ein Arbeitsplatzabbau muss mit der digitalen Fabrik nicht unbedingt einher gehen.

„Die Arbeitnehmer werden nicht weniger“, erklärte Johann Hofmann von der Maschinenfabrik Rheinhausen. Der Experte verwies vielmehr auf zufriedenere und mehr Mitarbeiter in seinem Betrieb, der den ersten Industrie-4.0.-Award erhielt. Hofmanns Impulsreferat verdeutlichte zugleich, welche Entwicklungsprozesse ein Betrieb durchmacht und welche intelligenteren Arbeitsmöglichkeiten eine Digitalisierung bietet. „Sie müssen von Betroffenen zum Gestalter werden“, forderte er die weit mehr als 100 Teilnehmer der Veranstaltung in der DHBW Lörrach auf, wo auch Industrie 4.0 ein integraler Bestandteil der Studiengänge ist, wie Jan Michael Olaf erklärte.

Konkret muss die Komplexität im Betriebsablauf reduziert werden, unterstrich Hofmann. Hierzu schwört er auf intelligente Assistenzsysteme. Ohne CIM (Computer Integrated Manufacturing), also computerintegrierte Herstellung, wäre sein Betrieb nicht dort, wo er nun steht. „CIM ist die Ursuppe.“ Hinzu kommen würden ein Lean-Management beziehungsweise schlanke Prozesse als zweiter Punkt. Erst nach einer Segmentierung könne dann wirklich die Industrie 4.0  im Unternehmen anstehen.

Und die Fabrik der Zukunft beinhaltet gleich zwölf Schlagworte, von denen sich die Unternehmer neben dem Lean-System die passenden hinzufügen sollen: Assistentsysteme, Soziale Medien, Mobile Computing, Virtualisierung, Smarte Objekte, Big data, Analyse, Internet der Dinge, Internet der Dienste, Cyber-Physical-Systeme und Smart Factory bilden die Bausteine. Hinter diesen Begriffen verbergen sich Maschinen, die miteinander chatten oder auch eine Vielzahl an Daten, aus denen dann ein Muster an Informationen gewonnen werden kann.

Stromversorgung: Für den Datenverkehr ist Strom erforderlich. Hier forscht unter anderem das Fraunhofer-Institut. Martin Jägle vom Bereich Physikalische Messtechnik in Freiburg zeigte als Praxisbeispiel, wie die Stromversorgung über Thermogeneratoren möglich ist. Schon Temperaturunterschiede von unter einem Grad könnten für die Stromgewinnung genutzt werden. Die Möglichkeiten reichen von einer Handtaschenlampe bis hin zu Sensoren auf der Außenhaut von Flugzeugen und natürlich Anwendungen in einer Fabrik.

Mitarbeiter: Die Frage, ob in der Fabrik der Zukunft noch Menschen und nicht nur die Maschinen arbeiten, beantwortete Andreas Eschbach von Shiftconnector/eschbachIT aus Bad Säckingen klar mit „ja“. Der Informatiker setzt auf elektronische Schichtbücher. Mit diesen könne Wissensmanagement betrieben werden. Diese erfasse Wissen, könne es teilen, und auch das interdisziplinäre Agieren sei mit der Nutzbarkeit der Informationen möglich. Der Industrie-4.0-Arbeitsplatz wird seiner Prognose zufolge moderner, vernetzter und weniger ortsbezogen sein. Und: „Weniger Leute müssen noch mehr Arbeit leisten.“ Die selbstbewussten etwa 23- bis 35-Jährigen, Generation Y genannt, sollten außerdem angesichts des Wandels mit einem passenden Unternehmenskonzept gebunden und gefunden werden, ergänzte Thorsten Huber von crazyalex.de aus Wehr.

Wolke: Dass in den traditionellen Produktionsanlagen eine Vielzahl an Informationen stecken, weiß auch Andreas Buchdunger von Endress+Hauser InfoServe in Freiburg. Daraus verbriefte und damit verwertbare Infos zu machten, sei das Entscheidende. Ein Hilfsmittel ist bei E+H wie mittlerweile bei vielen anderen Unternehmen die Cloud, also ein „Wolke“, in der Daten für Nutzer abgelegt und geteilt werden können. Die Benutzeroberfläche für 4.0 muss möglichst passend optisch aufbereitet werden, ergänzte der Lörracher Designer Urs Bösswetter von spooo desgin.

Logistik: Aus der Sicht einer Transportgesellschaft zeigte Bozo Cicak von Streck in Freiburg die Möglichkeiten eines digitalen Logistikbereichs auf. „Wir brauchen neue Prozesse und den Mut zu neuen Geschäftsmodellen“, sieht er die Chancen. Die Unternehmen müssten ihre eigenen Strategie entwickeln. Direkte Kommunikation zwischen Disponent und Fahrer oder die Disposition mit einer virtuellen Brille führte er vor Augen.

Erfolg: „Mit Innovationen können Sie sich andere vom Leibe halten“, warb auch Michael Köppel von iQuest Switzerland aus Zürich, auf Industrie 4.0 zu setzen. Die Unternehmern sollten vom Produkt zum System übergehen, verwies er auf den Weg von einem „dummen Traktor“ zu landwirtschaftlichen Systemen, die auf Grundlage vieler Informationen und Vernetzungen arbeiten.

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