Kreis Lörrach „Der Kreis muss enorm investieren“

Die Oberbadische
Mario Perinelli in seiner Lörracher Wohnung Foto: Jörg Bertsch Foto: Die Oberbadische

Der scheidende Kreisrat Mario Perinelli macht sich Sorgen um die Infrastruktur

Von Jörg Bertsch

Kreis Lörrach. Zehn Jahre hat sich Mario Perinelli mit viel Freude im Kreistag und verschiedenen damit vernetzten Gremien engagiert.Die Nichtwiederwahl hat ihn durchaus enttäuscht; denn gerne hätte er die In-frastrukturpolitik des Landkreises, die ihm besonders am Herzen lag, noch eine Wahlperiode lang mitgestaltet.

„Mein Vater war Italiener aus Neapel, meine Mutter Deutsche aus Ostpreußen, und ich habe die schlechten Eigenschaften von beiden geerbt“, scherzt Perinelli beim Gespräch in seiner schönen Wohnung in der Lörracher Innenstadt. Allzu schlecht können jene Eigenschaften allerdings nicht gewesen sein, wenn man an die guten Dinge denkt, mit denen der 73-Jährige sich in Stadt und Landkreis einen Namen gemacht hat.

1977 kam der studierte Betriebswirt nach Lörrach, als Geschäftsführer Deutschland der damaligen Firma Wybert, die später in Gaba umbenannt wurde. Hauptprodukt waren noch die rautenförmigen La-kritz-Pastillen, landläufig als „Wybertli“ bekannt. Perinelli baute den bereits existierenden Zahn- und Mundpflegebereich aus. „Morgens Aronal, abends Elmex“ wurde unter seiner Ägide ein weit bekannter – und viel befolgter – Werbeslogan, später kam das Mundwasser Meridol dazu.

All diese Produkte wurden nicht nur als „zahnmedizinisch empfohlen“ beworben, sondern auch tatsächlich in Zusammenarbeit mit der universitären Zahnmedizin entwickelt. Darauf ist Perinelli stolz – und darauf, dass er Gaba im Bereich Zahnpasta zum Marktführer in Deutschland ausgebaut hat.

„Ich habe die Firmeninhaber alle zu Millionären gemacht“, sagt er. Doch kaum war er, mit 63 Jahren, in den Ruhestand getreten, wurde die Firma verkauft. „Leider an die Falschen“, stellt Perinelli lakonisch fest; denn Colgate-Palmolive („Wir haben sie immer nur die ,Seifensieder‘ genannt“) habe die Gaba-Produkte nie als die eigenen angesehen, sondern immer nur als Konkurrenz zu Colgate: „Es ist ein Jammer, wie sie die Firma kaputt gemacht haben“, sagt der Mann, der immer noch stolz darauf ist, dass Gaba unter seiner Leitung viel mit der Lebenshilfe zusammengearbeitet und den ersten überbetrieblichen Kindergarten in Lörrach mitbegründet hat. Und dass die Leute gern bei Gaba gearbeitet haben.

Im Ruhestand angekommen, „habe ich ein paar Kurzurlaube gemacht. Aber dann merkte ich, ich muss etwas tun.“ Er kandidierte für den Stadtrat und den Kreistag – und zwar nicht für die Grünen, deren Gründungsmitglied er in Lörrach gewesen war, sondern für die FDP.

„Ich habe mir das nach den Personen ausgesucht. Dr. Friedrich Vortisch, Prof. Eugen Paul, das waren Leute, mit denen ich gut diskutieren konnte“, begründet Perinelli seine Entscheidung. Der FDP ist er nie beigetreten; sein grünes Parteibuch allerdings musste er zurückgeben, als er auf die Liste der Liberalen ging.

Im Kreistag hat er „mit Freunde und Engagement“ mitgemischt; für die Zusammenarbeit mit Landrat Walter Schneider und Landrätin Marion Dammann sowie mit den Dezernenten am Landratsamt hat er nur lobende Worte: „Da konnte man klar und sachlich diskutieren.“

Im Districtsrat des Trinationalen Eurodistricts Basel (TEB) war Perinelli, der fünf Sprachen spricht, am richtigen Platz: „Ich habe dort viel mit den Elsässern gemacht.“ Er hat aber auch in Gremien wie dem Beirat des Job-Centers oder der Jury von „Unser Dorf hat Zukunft“ mitgearbeitet.

Besonders interessiert hat ihn, der Vorsitzender der FDP-Fraktion war, die Infrastrukturpolitik des Landkreises. Da brauchte es in den nächsten Jahren enorme Investitionen, etwa für den Ausbau des ÖPNV, für den Unterhalt und die Reparatur von Straßen und Brückenbauwerken. Aber woher soll das Geld kommen, wenn jährlich 100 Millionen in den Sozialetat fließen, Tendenz stark steigend? „Es ist absehbar, wann das an die Wand fährt!“

Bei allem Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche im Sozialen insistiert Perinelli: „Wir müssen investieren!“ Im Sozialbereich müsse man sich auf die Hilfe für Kinder und Jugendliche konzentrieren, „damit sie erst gar nicht zum Sozialfall werden“.

Nun also das Kreistags-Aus. Nicht nur wegen des heruntergekommenen Ansehens der FDP auf Landes- und Bundesebene, sondern auch wegen eines „schlechten Wahlkampfes“ im Landkreis. Es bleibt die Arbeit im Stadtrat, wo Perinelli mit dem neuen OB, egal , welcher der beiden verbliebenen Kandidaten morgen das Rennen machen wird, auf „frischen Wind“ hofft.

Im Übrigen wird er, der früher auch viel Sport getrieben hat, nun mehr Freizeit haben. Für Familie (ein Sohn, eine Tochter, zwei Enkel), für das Häuschen in Ligurien. Für die Philosophie (in der er sich auch schon schreibend versucht hat) und die Psychologie (die er einmal studiert hat). Man merkt schon: Langweilig wird es Mario Perinelli auch ohne Kreistag nicht werden.

Mario Perinelli, Jahrgang 1940, studierte in Frankfurt Psychologie und Soziologie und schloss in Betriebswirtschaft ab. Er rückte in die „Prinzengarde“, den Manager-Nachwuchs der damals noch existierenden Farbwerke Hoechst ein und war eine Zeit lang Vertriebsleiter in Mailand. Nach einer vierjährigen Zwischenstation bei einer Pharma-Firma in Berlin kam er 1977 als Geschäftsführer Deutschland zu Wybert (später Gaba) Lörrach. Dort war er bis zu seiner Pensionierung 2003 tätig. Perinelli ist geschieden und hat zwei Kinder. Er wohnt in Lörrach.

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