Von Michael Werndorff Lörrach. In vielen Gruselfilmen spielen sie als Blutsauger eine tragende Rolle, im Mittelalter waren die pelzigen Flugakrobaten als Dämonen und Teufelsboten verschrien, aber auch heute noch sorgen sie bei dem einen oder anderen für Unbehagen: Die Rede ist von Fledermäusen. Als nachtaktives Tier unterwegs, ist es kein Wunder, dass die Fledermaus auch unter Wissenschaftlern lange Zeit ein Schattendasein fristete. „Es ist eben gar nicht so leicht, sie zu beobachten und ihre Lebensgewohnheiten zu erforschen“, sagt Jochen Hüttl von der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg. „Erst relativ spät, in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, haben Forscher herausgefunden, dass sich die kleinen Säugetiere dank Echoortung in der Dunkelheit orientieren.“ Hüttl hat sich schon immer für die Natur- und Tierwelt interessiert. Die Fledermäuse haben es ihm allerdings besonders angetan, eben weil die einheimischen Arten so bedroht sind. Hüttl hat ein genaues Auge auf die im Landkreis Lörrach vorkommenden Tiere: „In unserer Region leben etwa 23 Arten, die an unterschiedliche Lebensräume angepasst sind.“ Diese seien im Laufe der Jahre enormen Veränderungen unterlegen, die alle Fledermauspopulationen vor große Probleme stellen: Nahrungsmangel und Quartierverlust bedrohen die Tiere in zunehmendem Maße. „Das hat zum einen mit der extensiven landwirtschaftlichen Nutzung zu tun, dem Einsatz von Pestiziden und dem Fehlen naturbelassener Flächen, auf denen die Insekten als Nahrungsgrundlage leben. Zum anderen lassen energetische Sanierungsmaßnahmen den Lebensraum schwinden.“ Ein weiteres Problem: Seit sechs oder sieben Jahren geht es auch den Fledermäusen, die überwiegend in Baumhöhlen leben, schlechter. Seither wird viel Holz geschlagen, was Hüttl mit Blick auf den schwindenden Lebensraum für einzelne Fledermausarten bedauert. Allerdings gebe es auch Lichtblicke. Einer findet sich unterm Dach der alten Schule in Lörrach-Hauingen. Dort hat seit einigen Jahrzehnten eine Kolonie Mausohrfledermäuse – die größte einheimische Art mit einer Flügelspannweite von rund 40 Zentimetern – ihren angestammten Platz, der neben weiteren Standorten wie Hasel, Niedereggenen, Liel oder Zell, von Hüttl regelmäßig kontrolliert wird. Heute leben auf dem Dachstuhl etwa 900 Muttertiere, die in diesem Jahr ihren Nachwuchs relativ spät bekommen haben. „Mit einer Reproduktionsrate von 50 Prozent kann 2014 als gutes Jahr bewertet werden“, sagt Hüttl. Dieser nutzt moderne Technik, um auf dem Laufenden zu bleiben. Mittels fest installierter Lichtschranken kann Hüttl exakt nachvollziehen, wann die Fledermäuse aufbrechen oder wie viel Tiere insgesamt in der Hauinger Schule leben. „Wir wollten exakte Zahlen, außerdem war es zu mühsam, mit einem Nachtsichtgerät zu später Stunde das Geschehen zu verfolgen.“ Neben der Kontrolle ist der Fledermausbeauftragte aus Lörrach noch beratend unterwegs. „Mich erreichen oft Hilferufe von Menschen aus dem Landkreis, die unerwünschte Untermieter haben oder nicht wissen, wie sie mit den Tieren, die auch mitten in unserer Stadt leben, umgehen sollen.“ Neben den klassischen Höhlenbewohnern gibt es nämlich auch solche, die Unterschlupf in Spalten an Häuserfassaden oder Dächern finden. Spaltenbewohner halte es aber nie lange an einem Ort, weiß Hüttl. Sein Tipp an Haus- und Gartenbesitzer: Nach Möglichkeit naturbelassene Ecken vorhalten.