Drohender Wohnungsverlust und Obdachlosigkeit sind nach wie vor ein akutes Thema im Landkreis Lörrach. Dies bestätigt der Jahresbericht der im Lörracher Erich-Reisch-Haus angesiedelten AGJ-Wohnungslosenhilfe. Von Silvia Waßmer Kreis Lörrach. Den Bericht stellte Leiter Stefan Heinz gemeinsam mit Sylvia Ziegler von der Fachstelle Wohnungssicherung, Marc Horn von der Ambulanten Fachberatung für Wohnungslose und Gael Haab vom Lörracher Fachdienst „Mobile Obdachlosenbetreuung“ vor. Erneut verzeichneten dabei fast alle Dienste der Einrichtung eine Zunahme der Klientenzahlen: So stieg etwa im Modellprojekt „Fachstelle Wohnungssicherung“ die Zahl der Menschen, die Probleme mit dem Erhalt ihrer Wohnung hatten, im Vergleich zum Vorjahr um knapp 20 Prozent. Insgesamt konnten im Berichtszeitraum 324 Haushalte erreicht werden, 131 in Lörrach, 58 in Weil am Rhein und 135 aus 27 der insgesamt 35 Gemeinden des Landkreises. Vor allem bei letzteren gelang es, die Situation in 76 Prozent der Fälle nach einer abgeschlossenen Beratung zu stabilisieren und zu verbessern – sei es durch die Sicherung der Wohnung (knapp 43 Prozent) oder durch das Finden alternativen Wohnraums (gut 33 Prozent). Vor allem Migranten betroffen Besonders betroffen sind von Wohnungsverlust vor allem Menschen mit Migrationshintergrund (47 Prozent), Bezieher von Sozialleistungen (34 Prozent) oder geringfügig Erwerbstätige (25 Prozent). „Es ist schnell passiert, dass man zwei Monate die Miete nicht gezahlt hat“, erklärte Projektbetreuerin Ziegler. Außerdem kämen bei den Menschen mit Migrationshintergrund oftmals noch Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit den Behörden hinzu sowie die Weigerung, dem Klischee zu entsprechen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ambulante Fachberatung für Wohnungslose Nicht in allen Fällen gelingt es jedoch, den Wohnungsverlust zu verhindern. Deshalb sind auch im Aufgabengebiet der Ambulanten Fachberatung für Wohnungslose die Zahlen im Jahr 2015 deutlich angestiegen. Insgesamt wurden 778 Personen beraten (2014: 686 Personen), 1554 Personen übernachteten in der ganzjährig geöffneten Notschlafstelle (2014: 1298 Übernachtungen). Hilfebedarf steigt „Der Bedarf nach Hilfe wird – quer durch alle Schichten – immer größer“, fasste Horn die beunruhigende Situation zusammen, die das Fehlen bezahlbaren Wohnraums im Landkreis widerspiegelt. Dies bestätige, wie Heinz erläuterte, auch eine aktuelle Studie im Auftrag des Sozialministeriums Baden-Württemberg, die den Landkreis Lörrach – trotz niedriger Arbeitslosigkeit – als einen der Landkreise mit den meisten Wohnungslosen aufführt. Medizinische Hilfe Hinsichtlich der medizinischen Versorgung wurden 134 Personen von der Medizinischen Ambulanz bei 330 Einsätzen erfolgreich behandelt. Rund 100 Patienten nahmen medizinische Hilfe in der Praxis im Erich-Reisch-Haus in Anspruch. Ebenso verlief die Zusammenarbeit mit der Suchthilfe positiv. Erfolg im Riesgässchen Erste Erfolge konnte auch Haab von dem Anfang des Jahres initiierten Projekt „Mobile Obdachlosenbetreuung“ in Lörrach berichten, bei dem es gelang, für drei Haushalte einen Mietvertrag zu bekommen. Ebenso entwickle sich, wie Stefan Heinz erläuterte, das Wohnprojekt „Riesgässchen“, in dem drei Studenten der Dualen Hochschule, drei ehemals Wohnungslose und seit vergangenem Jahr drei Flüchtlinge zusammen leben, weiterhin positiv. Deshalb plant die AGJ-Wohnungslosenhilfe zusammen mit der Stadt Lörrach ein weiteres Wohnprojekt auf dem Areal der katholischen Kirche in Brombach.