Kreis Lörrach Kleine Betriebe besonders betroffen

Die Oberbadische
Frankreich macht es deutschen Unternehmen schwer, wenn diese im Nachbarland ihre Dienstleistungen anbieten wollen. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Arbeitsmarkt: Französisches Entsenderichtlinie sorgt bei heimischen Unternehmern für dicke Luft

Von Michael Werndorff

Die Nachfrage ist da, doch der französische Staat macht es deutschen Unternehmen nicht leicht, jenseits der Grenze ihre Dienstleistungen anzubieten. Ursache ist das sogenannte Macron-Gesetz, welches bei den Handwerkern im Dreiland für dicke Luft sorgt.

Kreis Lörrach. „30 bis 40 Prozent hat unser Frankreichgeschäft am Jahresumsatz ausgemacht. Das hat sich mittlerweile geändert. Wir nehmen seit geraumer Zeit nur noch ganz selten Aufträge aus dem Nachbarland an“, sagt Paul André Koenig, Chef der seit zehn Jahren in Lörrach angesiedelten Schreinerei Koenig, im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Nachfrage sei zwar vorhanden, aber aufgrund der Folgen der immer komplizierter werdenden Regeln zum Entsendegesetz in Frankreich spiele der französische Markt keine Rolle mehr für den Unternehmer. Das wegfallende Geschäft könne seine Firma angesichts der guten Konjunktur verkraften, Einbußen habe er nicht, berichtet Koenig.

Firmen, die weiterhin in Frankreich ihre Dienstleistungen erbringen wollen, müssen mittlerweile hohe bürokratische Hürden meistern, sich durch den Behördendschungel kämpfen und auch höhere Kosten tragen, weiß Brigitte Pertschy von der Freiburger Handwerkskammer. Der Aufwand sei enorm gestiegen: Mitarbeiter, die nach Frankreich entsandt werden, müssen den französischen Behörden auf elektronischem Weg gemeldet werden, egal, ob es ein mehrtägiger Aufenthalt oder nur ein 30-minütiger Servicetermin in einem Privathaushalt ist.

„Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, aber die Vorgabe, einen Vertreter mit Postanschrift in Frankreich anzugeben, welcher der französischen Sprache mächtig ist und als Ansprechpartner für französische Behörden jederzeit kontaktierbar sein muss, können viele Betriebe nicht mehr nachvollziehen“, verweist Pertschy auf den zeitraubenden Aufwand, der auch bei Kleinaufträgen jedes Mal aufs Neue anfällt und Ressourcen bindet.

„Das ist insbesondere für kleine Betriebe fern der Lebensrealität und widerspricht zudem der Dienstleistungsfreiheit im EU-Binnenmarkt“, kritisiert Pertschy. Und Beschwerden zahlreicher Unternehmen bei der EU-Kommission blieben bislang unbeantwortet, moniert sie. Das Problem bleibt also vorerst ungelöst.

Darüber hinaus sorgt ein sogenannter Baustellenausweis für Ärger, den jeder Arbeiter mit sich führen muss. Hier macht Pertschy auch eine Ungleichbehandlung aus: Während französische Angestellte die Karte für den gesamten Zeitraum ihres Arbeitsverhältnisses erhalten, müssen deutsche Betriebe diese Karte für jeden Auftrag neu beantragen. Das verschlinge laut Pertschy viel Zeit. Und: Ab 2018 werden zudem die Kosten steigen: Pro entsandtem Mitarbeiter werden 40 Euro fällig, und für die Karte kommen noch mal zehn Euro hinzu, wobei Verstöße mit bis zu 2000 Euro pro Mitarbeiter geahndet werden können, wenn sich Unternehmen nicht an die Regeln halten. Die Folge: Aufträge werden nicht mehr angenommen.

Zum Hintergrund: Das Gesetz wurde eingeführt, um französische Arbeitnehmer vor Lohndumping und der Aushöhlung von Arbeiterrechten zu schützen, wie es offiziell heißt. Koenig, selbst gebürtiger Elsässer, spricht indes von Protektionismus und ärgert sich, dass der französische Staatspräsident und ehemalige Wirtschaftsminister Emmanuel Macron sich für ein gemeinsames Europa stark macht, die verschärften Regeln aber eine ganz andere Sprache sprechen würden.

Für Johannes Ullrich, Präsident der Freiburger Handelskammer, stelle das „Loi Macron“ sogar Protektionismus in Reinform dar. Davon will der heimische Landtagsabgeordnete und Päsident des trinationalen Oberrheinrates Josha Frey (Grüne) indes nicht sprechen, wie er auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt: „Aber wir müssen daran arbeiten, dass die nationalen Umsetzungen der Richtlinie allen Interessen gerecht werden. Macron und die deutsche Kanzlerin sind dazu bereits ebenso im Gespräch wie die regionalen Gremien“, macht er deutlich, dass die Politik hier aktiv sei.

Die Umsetzung der Entsenderichtlinie ist bereits seit langer Zeit Thema in politischen Gremien: Im Landtag wurde es im Europaausschuss bereits im vergangenen Jahr diskutiert. Dabei wurde auch die Handwerkskammer angehört, und auch der Oberrheinrat beschäftigte sich mit der Thematik, berichtet der Politiker. Für Frey steht fest: „Der gemeinsame Binnenmarkt ist ein zentraler Baustein der europäischen Integration. Nationale Umsetzungen europäischer Richtlinien, die Hürden aufbauen, anstatt sie zu beseitigen, laufen der europäischen Einigung entgegen, die uns gerade hier am Oberrhein nutzt.“

Sollte sich die Lage bessern, will Koenig auch wieder Kunden aus dem Nachbarland akzeptieren. Angesichts der Hürden müsse er ihnen derzeit noch eine Absage erteilen, bedauert der Unternehmer

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