Kreis Lörrach Mammutaufgabe für die Gesellschaft

Die Oberbadische
Die Pflege in Deutschland ist im internationalen Vergleich gut aufgestellt, doch schon jetzt zeichnet sich ein Mangel bei den Pflegefachkräften ab. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Sozialausschuss: Kreisseniorenrat wirbt für Unterstützung innovativer Wohn- und Pflegekonzepte

Von Michael Werndorff

Über die Aktivitäten des Kreisseniorenrats (KSR) hat Vorsitzender Bernhard Späth im jüngsten Sozialausschuss des Kreistags berichtet. Er machte klar, dass in Sachen Pflege wichtige Weichenstellungen anstehen. Diese sind nötig, um die Herausforderungen angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft meistern zu können.

Kreis Lörrach. Laut Späth fehlen im heimischen Kreis rund 5000 seniorengerechte Wohnungen. Wohl wissend, dass die Lage auf dem heimischen Wohnungsmarkt ohnehin angespannt sei, müsse jetzt gehandelt werden, mahnte der Experte und ehemalige Geschäftsführer des Hertener St. Josefshauses. Rund 70 Prozent der Pflegebedürftigen würden nämlich zu Hause gepflegt, die Hälfte von Angehörigen, wie Späth sagte. Das Anfang des Jahres in Kraft getretene Pflegestärkungsgesetz II fördere den ambulanten Bereich, doch müsse man bedenken, dass die Zahl der pflegenden Angehörigen geringer werde und es laut einer Studie des Medizinischen Diensts der Krankenkassen (MDK) bei 20 Prozent der Betroffenen in der häuslichen Pflege zu Versorgungsdefiziten komme.

Davon überrascht zeigte sich CDU-Kreisrat Stefan Grüter. Er mahnte an, den MDK, der in solchen Fällen aus Gründen des Datenschutzes nicht handlungsfähig sei, politisch in die Lage zu versetzen, etwas dagegen zu unternehmen. Hier gehe es nicht darum, pflegenden Angehörigen Vorwürfe zu machen, sondern auf Probleme und Herausforderungen hinzuweisen, für die es derzeit aber noch keine Lösungen gebe. „Wir müssen gemeinsam überlegen, was wir tun können“, regte Späth an.

Anders verhalte es sich im stationären Bereich, wo die Heimaufsicht des Kreises aktiv werde und eingreifen könne. Dennoch sei die Pflege in Deutschland im internationalen Vergleich gut aufgestellt, erklärte Späth. Allerdings dürfe man sich nicht mit der Schweiz vergleichen, wo andere finanzielle Bedingungen herrschen.

Auch stehe fest, dass der Pflegebedarf in den kommenden Jahren zunehmen werde, sprach der Vorsitzende des Kreisseniorenrats vor dem Hintergrund des demografischen Wandels von einer „Mammutaufgabe für die Gesellschaft“. Daher warb Späth für eine differenzierte Betrachtung des Alters und die Unterstützung innovativer Wohn- und Pflegekonzepte. So sollten sich Gemeinden und Kommunen in Zukunft viel stärker um das Gestalten von Nachbarschaften und Sozialräumen kümmern – ein Aspekt, den das vom Bundesrat noch zu verabschiedende dritte Pflegestärkungsgesetz ins Auge fasst. „Lokale Verantwortungsgemeinschaften werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen, das verlangt von den Verantwortlichen aber ein anderes konzeptionelles Denken“, erklärte Späth. Und: Vieles müsse man einfach ausprobieren.

Als größtes Problem macht Späth den Mangel an Pflegekräften aus. Während die Ausbildungsstätten überlastet seien und insbesondere im Dreiländereck die Abwanderung von Fachkräften hinzukomme, können aufgrund fehlenden Personals 100 Pflegebetten im Kreis nicht belegt werden. „Deswegen müssen wir nach anderen Lösungen suchen“, sagte Späth, der auf Seiten des Gesetzgebers Handlungsbedarf sieht.

Landrätin Marion Dammann äußerte sich skeptisch: „Ich glaube nicht, dass es uns gelingt, genug junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen.“ Daher müsse in der Pflege geschaut werden, für welche Aufgaben andere Berufsgruppen eingesetzt werden können. Gleichzeitig müsse man den Ansprüchen der Betroffenen gerecht werden, kritisierte sie eine Überregulierung und forderte ein Überdenken der Standards.

Das Thema der fehlenden Fachkräfte ist bereits akut, wie den Äußerungen der Landrätin zu entnehmen war. So seien manche Schichten nicht mit genügend Personal besetzt, heiße es in Berichten der Heimaufsicht. Laut Dammann ist das Thema nicht nur unpopulär, zudem sei der Leidensdruck bisher nicht groß genug gewesen, das Problem anzupacken. „Wenn die geburtenstarken Jahrgänge aber pflegebedürftig werden, dürfte sich das ändern“, ist die Landrätin überzeugt.

Der Kreisseniorenrat ist laut Späth ein Kind des Landkreises. Das Gremium könne mithelfen, die Mammutaufgabe Altenhilfe anzugehen, dazu beitragen, lokale Strukturen aufzubauen und auch auf Fehlentwicklungen hinweisen. Allerdings brauche der KSR bessere Rahmenbedingungen, um seine Aufgaben wahrnehmen zu können. So musste zum Beispiel aus Kostengründen ein geplanter Newsletter wieder eingestellt werden. Während der KSR zwar einen jährlichen Zuschuss von 1000 Euro erhalte, könne der Kreisseniorenrat des Kreises Breisgau-Hochschwarzwald über den zehnfachen Betrag verfügen, kritisierte Späth. Für den heimischen KSR wäre das gut investiertes Geld, lautete sein Fazit.

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