Kreis Lörrach Mit starkem Willen das Ziel erreicht

Die Oberbadische
Sigrun Bopp liest den Kleinen aus dem Buch „Mama Muh braucht ein Pflaster“, da eines der Kinder sich verletzt hatte und allen sein riesiges Pflaster präsentierte. Ramona Rauschenberger backt gemeinsam mit den Kindern aus dem Lörracher Kinderland, was für große Faszination sorgt. Foto: zVg Foto: Die Oberbadische

Erster Jahrgang schließt praxisintegrierte Erzieherausbildung in Lörrach ab / Enthusiasmus erforderlich

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Ramona Rauschenberger und Sigrun Bopp haben es geschafft. Beide können nach der dreijährigen praxisintegrierten Erzieherausbildung, kurz PIA genannt, nun als Fachkräfte in ihren Kindergärten weiter mitwirken. „Ohne Enthusiasmus geht das gar nicht“, blicken die Erzieherinnen zugleich auf eine anstrengende Zeit zurück.

In Baden-Württemberg ist die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher neben der üblichen vier Jahre auch in verkürzter Form in drei Jahren möglich. Die PIA richtet sich speziell an diejenigen, die nicht von der Schulbank direkt in die Ausbildung wechseln, sondern schon einen Job hatten oder zuvor etwas anderes gemacht haben. Es gibt während der drei Jahre mehr Geld und mehr Praxis.

Von drei Jahren ohne Freizeit spricht Sigrun Bopp, die im Katholischen Kindergarten St. Katharina in Degerfelden im Einsatz ist. Mit 53 Jahren ist sie in die dreijährige Ausbildung gestartet. Die promovierte Biologin wollte schon in jungen Jahren eigentlich lieber mit Kindern arbeiten, doch das Berufsleben hatte unter anderem eine Selbstständigkeit als Ladenbesitzerin für Lernspielzeug und als Inhaberin eines Nachhilfestudios bereit – bis eine Bekannte ihr von der neuen Ausbildung berichtete. „Dann habe ich in der Schule angerufen, und dort war gerade eine Teilnehmerin abgesprungen.“ Es folgten drei Jahre, in denen Bopp ihre Grenzen erfahren hat, da sie nebenbei auch noch Geld verdienen musste. Die 650 bis 850 Euro netto pro Monat in der Ausbildung mussten durch Nachhilfestunden noch aufgestockt werden. „Ansonsten hätte das Geld nicht zum Leben gereicht.“

24 Teilnehmer sind im Lehrgang von Bopp gestartet, 19 haben jetzt, drei Jahre später, ihren Abschluss in der Tasche. Bei 24 lag zu Beginn auch die „Schallgrenze“, weiß Gabriele Marx, Leiterin der Fachschule für Sozialpädagogik an der Mathilde-Planck-Schule (MPS) Lörrach, um die Mindestteilnehmerzahl. An dem Schulversuch habe man sich bewusst schnell beteiligt, ergänzt die MPS-Schulleiterin Monika Mareis. Die Lehrerressourcen wurden vom Land zwar zur Verfügung gestellt, doch tatsächlich die Pädagogen an Land zu ziehen, dafür stand noch Arbeit an. Außerdem war nicht von Beginn an klar, ob die Zahl der Schüler erreicht wird. Im nächsten Jahr starteten aber sogar 28, im aktuellen Schuljahr 31 und für das nächste Jahr liegen bereits 41 Anmeldungen vor. Die begrenzenden Faktoren seien die verfügbaren Lehrer und die Räume.

Ramona Rauschenberger wollte gerne mit Kindern arbeiten. Zahlreiche Praktika in den Ferien hatten sie in ihrer Zielrichtung bestärkt. Als sie dann von der PIA-Ausbildung erfuhr, folgte die Bewerbung und eine entsprechende Stelle im Kinderland in Lörrach. Die Betreuung von Zweijährigen, eine klassische Kindergartenarbeit sowie Erfahrungen in einer Inklusionsgruppe folgten. „Jeder Azubi hat die Chance, in jeden Bereich reinzuschnuppern.“ Jetzt wird sie auch übernommen. 60 Prozent Arbeit und 40 Prozent Bachelor-Studium der Frühpädagogik mit Management sollen sie noch für eine spätere Leitungsposition fit machen.

Ihre PIA-Ausbildung bewertet die 21-Jährige dabei äußerst positiv. Zwei Tage Praxis und drei Tage Schule sei von der Aufteilung „ein schöner Ausgleich“ gewesen. Speziell die von Beginn an einsetzende Praxistätigkeit sieht sie als Vorteil an. Doch: „Ein starker Wille gehört dazu.“ Schließlich hat sie keine Schulferien, sondern nur 29 Tage Urlaub im Jahr.

Die hohe Motivation der PIA-Auszubildenden spüren auch Marx und Mareis in ihrer Lehrtätigkeit. „Man musste sich noch vertiefter vorbereiten, da mehr nachgefragt wurde“, berichtet die MPS-Schulleiterin. Die neuen Erzieher sind zugleich glücklich, den Abschluss in der Tasche zu haben. „Im Moment bin ich froh, dass ich es geschafft habe“, will Bopp nun endlich in ihrem eigentlichen Traumberuf arbeiten.

Im Gegensatz zur klassischen Erzieherausbildung dauert die praxisintegrierte Ausbildung nur drei statt vier Jahre. Diese wird zudem die gesamte Zeit über entlohnt. Der Unterricht in der Fachschule für Sozialpädagogik und der Kindertageseinrichtung erfolgt im Wechsel. In diesem Jahr haben in Lörrach die ersten PIA-Erzieher ihren Abschluss erreicht. Auch das Land bewertet PIA als Erfolg.

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