Kreis Lörrach Neues Zentralklinikum als Option

Die Oberbadische

Strategische Grundsatzentscheidung: Sieben Szenarien für Kreiskliniken vorgestellt / Infos für die Bürger

Von Marco Fraune

Kreis Lörrach. Haben die drei Kreiskliniken-Standorte Lörrach, Schopfheim und Rheinfelden eine Zukunft? Sieben verschiedene Antwortmöglichkeiten liegen seit gestern hierzu auf dem Tisch. Die Szenarien reichen von der Sanierung der drei Krankenhäuser bis zu einem Neubau auf der „Grünen Wiese“.

Für die strategische Grundsatzentscheidung, wie die stationäre Gesundheitsversorgung im Landkreis nachhaltig gesichert und zukunftsfähig gemacht werden soll, sind gestern die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt worden. Das Investitionsvolumen reicht von 89,5 Millionen Euro, wenn Strukturoptimierungen an allen drei Einzelstandorten vorgenommen werden, bis zu rund 158 Millionen für ein neues Zentralklinikum auf der „Grünen Wiese“, was das Aus für die drei bisherigen Standorte bedeuten würde. Weitere Varianten sind die Reduzierung des Klinikbetriebs auf künftig zwei Standorte oder auch auf den Lörracher Standort (u siehe Info-Kasten).

Eine Bewertung, welche Variante zum Zug kommen soll, lieferten weder der Kliniken-Geschäftsführer Armin Müller noch die Aufsichtsratsvorsitzende der Kreiskliniken, Landrätin Marion Dammann. Auch die seit dem Jahr 2012 mit der Zukunftsentwicklungsplanung beschäftigte Krankenhaus-Unternehmensberatung Andree Consult aus Siegburg hielt sich zurück. Dessen Geschäftsführer Fred Andree stellte gestern vielmehr den Status quo, die baulichen Möglichkeiten und auch die finanziellen Rahmenbedingungen vor, die im April und Mai auch der breiten Öffentlichkeit bei Info-Veranstaltungen in Lörrach, Rheinfelden und Schopfheim präsentiert werden sollen. Die strategische Grundsatzentscheidung werde im Mai den Kreistag beschäftigen, bevor dieser im Juli oder in der Herbst-Sitzung die Weichenstellung für die Zukunft bestimmen könnte.

Sowohl die bauliche Substanz als auch die damit möglichen Betriebsabläufe an den drei Standorten bedürfen Veränderungen, schilderten gestern die Verantwortlichen. Inhaltlich sei mit dem „Lörracher Weg“, also der Aufteilung von Aufgaben zwischen dem St. Elisabethen-Krankenhaus und den Kreiskliniken, bereits einiges getan worden. Nach weiteren Justierungen in den vergangenen Jahren und der Umkehr von roten in schwarze Betriebszahlen stünden nun aber die Gebäudeveränderungen an. Die baulichen als auch die technischen Rahmenbedingungen der drei Häuser seien nur teilweise auf dem aktuellen Standard. Wie mehrfach berichtet, gibt es einen erheblichen Investitionsstau. Für Patienten, die 1500 eigenen Mitarbeiter sowie potenzielle neue Fachkräfte sollen die Kreiskliniken nun attraktiver gestaltet werden.

Status quo: Die Nutzfläche pro Bett liegt laut Andree im Intensivbereich beispielsweise mit 15 Quadratmetern deutlich unter dem Standard von 35 bis 40 Quadratmeter, Nasszellen auf dem Flur sind nicht mehr zeitgemäß, die Anzahl der Operationssäle mit elf überdimensioniert, da bei einem Neubau nur sechs entstünden. Auch eine helle und freundliche Gestaltung vermisst der Experte im Gegensatz zu anderen Häusern, die in jüngerer Vergangenheit in der Republik entstanden sind. Bauliche und prozessuale Mängel bestünden in Schopfheim, wo der Experte einen Neubau als erforderlich ansieht. Für Rheinfelden gebe es eine alte bauliche Substanz und in Lörrach eine „Stückelung“.

Bettenanzahl: Die Patienten würden aus der Region kommen, womit bei einer Konzentration an einem Standort eine geringe Gefahr gesehen wird, die Betten nicht belegen zu können. Laut einem Plan gibt es 302 Betten in Lörrach, 122 Betten in Rheinfelden sowie 78 in Schopfheim.

Neben den mehr als 21 000 stationären Patienten im vergangenen Jahr standen zudem knapp 50 000 ambulante Patienten zu Buche. Statt mit aktuell 567 Betten rechnet Müller auch nach Rücksprache mit dem Sozialministerium mit 502 Betten, die förderfähig wären. Das Land wäre dann auch über das Krankenhausbauprogramm gefragt, wenn die Millionen für einen Neubau fließen sollen.

Entscheidungsgrundlage: Welche Kriterien die Entscheidung für die zukünftige Ausrichtung beeinflussen, hat der Lenkungsausschuss mit Prozentanteilen hinterlegt, was noch diskutiert werden soll. Die Wirtschaftlichkeit spielt mit 55 Prozent dabei die größte Rolle, es folgen die medizinische Qualitätsentwicklung (20 Prozent), die gute Erreichbarkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten der Standorte (je zehn Prozent) sowie das Nachverwertungspotenzial (fünf Prozent). Falls beispielsweise eine Konzentration am bisherigen Lörracher Standort erfolgen soll, so Dammann, müsse beachtetet werden, dass hier womöglich über zehn Jahre hinweg eine Baustelle für Belastungen der Patienten sorge. „Wir wollen jetzt in die Diskussion gehen“, will die Kreis-Chefin wissen, was die Bürger für Anregungen liefern und was der Kreistag meint.

Alternativen: Entweder entscheide man sich für einen höheren Refinanzierungsaufwand ohne Störungen des betrieblichen Ablaufs oder für eine Sanierung und Modernisierung im laufenden Betrieb, müsse aber weniger Geld in die Hand nehmen, führt der Kliniken-Geschäftsführer die finanziellen Konsequenzen vor Augen.

Zugleich wissen Müller und Dammann und die emotionale Besetzung des Themas Klinikenstandorte. Damit werde man sich auseinandersetzen müssen. Professor Hans-Heinrich Osterhues, Ärztlicher Direktor der Kreiskliniken, sieht aber, dass Patienten dorthin gehen würden, wo sie das beste medizinische Angebot erhalten.

u siehe „Kommentar“

Variante A: Strukturoptimierung an allen drei Einzelstandorten – Generalsanierung beziehungsweise Ersatzneubau und Erweiterungen an allen drei Standorten. Geschätzter Investitionsbedarf: 89,5 Millionen Euro.

Variante B1 (konservativ und operativ): Reduzierung des Klinikbetriebs auf künftig zwei Klinikstandorte (Lörrach und Rheinfelden) – Zusammenlegung von Standorten mit entsprechenden Baumaßnahmen (Ersatzneubauten und Generalsanierung). Geschätzter Investitionsbedarf: 91,5 Millionen Euro (konservativ), 88,6 Millionen (operativ).

Variante B2 (konservativ und operativ): Reduzierung des Klinikbetriebs auf künftig zwei Klinikstandorte (Lörrach und Schopfheim) – Zusammenlegung von Standorten mit entsprechenden Baumaßnahmen (Erstatzneubauten). Geschätzter Investitionsbedarf: 106,9 Millionen Euro (konservativ) und 112,6 Millionen (operativ).

Variante C: „Klinikneubau an einem noch zu definierenden neuen Standort im Landkreis“: Zentralisierung aller Betriebsstätten an einem neuen Standort in einem neuen Zentralklinikum. Geschätzter Investitionsbedarf: 158,1 Millionen Euro.

Variante C2: Zusammenführung der heute drei Betriebsstätten am Standort in Lörrach, Aufgabe von zwei Klinikstandorten (Rheinfelden und Schopfheim) – Zusammenlegung mit entsprechenden baulich verdichteten und konzentrierten Baumaßnahmen. Geschätzter Investitionsbedarf: 88,9 Millionen Euro.

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