Kreis Lörrach Preiserhöhungen sind meist geregelt

Die Oberbadische

InterviewPreisgestaltung in der Pharmabranche im Fokus bei den „Gespräche zu Gesundheitsthemen“

Als einer der Experten auf dem Gebiet Preisgestaltung in der Pharmabranche spricht András Incze am morgigen Mittwoch in der DHBW Lörrach im Rahmen der „Gespräche zu Gesundheitsthemen“. Im Interview erklärt er Hintergründe. Kreis Lörrach. Das Thema Preisgestaltung hat in den vergangenen Monaten für einiges Aufsehen gesorgt. In den USA wurde der Preis für ein Medikament kurzzeitig um 5000 Prozent erhöht – von 13,50 auf 750 Dollar pro Tablette.

Wie ist so etwas möglich?

Solche außerordentlichen Preiserhöhungen sind nur in wenigen Ländern überhaupt möglich, wie in den USA, woher dieses Beispiel von dem Präparat Daraprim stammt. In den meisten Ländern ist die Preisgestaltung von Pharmazeutika strikt geregelt, besonders falls es um erstattete Medikamente geht. Preiserhöhungen sind generell nicht möglich, bis auf wenige geregelte Ausnahmen wie ein jährliches inflationsbedingtes Maximum in Brasilien oder geringfügige Preismodulation anhand einer Vereinbarung zwischen Behörden und Industrie in England. Oft passieren eher Preissenkungen entweder durch Entscheide der Erstattungsbehörden oder auch nur durch Schwankungen des Wechselkurses.

Ginge das auch in Deutschland?

In Deutschland ist ein Preismoratorium bis Ende 2017 in Kraft. Dementsprechend kann für ein erstattungsfähiges Medikament der Preis praktisch nicht erhöht werden.

Was würden Sie Pharmafirmen raten?

In meiner Beratertätigkeit schlage ich der Pharmafirma immer eine ganzheitliche Vorgehensweise vor. Mein Ansatz heißt PA3: Der Patient bezieht das Medikament (Patient Accesses the drug) – der Preis wird erzielt (Price is Achieved) – die Öffentlichkeit billigt die Vereinbarung (Public Approves the arrangement). Wenn wie heutzutage sogar der US-Kongress Firmen wie den Produzent von Sovaldi hinterfragt, worauf sie ihre Preispolitik aufbauen, ist der letzte Punkt überlebenswichtig: Eine Preis- und Patienten-Zugangs-Politik muss breitflächige gesellschaftliche Unterstützung haben können, und zwar weltweit. Wie man dies erreicht, das hängt vom „burden of disease“, dem therapeutischen Wert des Produkts, von der Wettbewerbslage und weiteren Faktoren ab, und muss darum produktspezifisch als umfassende Strategie entwickelt werden.

Wie funktioniert die Preisgestaltung am Pharma-Standort Basel?

Die zwei Großfirmen Novartis und Roche haben zweifellos umfangreiche Ressourcen, um die Frage bei jedem neuen Produkt ganzheitlich anzugehen. Dies garantiert zwar nicht, dass immer alles problemlos „PA3-konform“ abläuft, aber meistens scheint dies der Fall zu sein. Beispiele zeigen auf wie neben offensichtlich lukrativer Preisgestaltung für Länder, die ein fortschrittliches Gesundheitssystem aufweisen, den Patienten der Zugang zu sehr effektiven Behandlungen auch dort ermöglicht wird, wo diese es sich sonst nicht leisten könnten – wie das Herceptin Access Program von Roche auf den Philippinen gegen Brustkrebs, oder das langjährige Glivec Patient Access Program GIPAP von Novartis, wodurch zehntausende Leukämie-Patienten umsonst oder stark ermäßigt, behandelt wurden.

Was erwartet die Zuhörer beim Vortrag an der DHBW?

Man könnte tagelang über ethische Fragen der Preisgestaltung bei Pharmafirmen diskutieren und debattieren. In dem kurzen Vortrag in Lörrach werden einige Denkanstöße gesetzt – angefangen mit Didi Hallervordens „Sein Letztes Rennen“. Weiterhin werden Beispiele und potenzielle Leitsätze vermittelt, um diesen Diskurs weiterzubringen und weiter zu beleben. 

Die Fragen stellte Saskia Scherer.

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