Kreis Lörrach „Sie war in dieser Zeit mein Oktopus“

Die Oberbadische
AOK-Pflegeberaterin Annette Kolb im Gespräch mit Nathalie Schwald. Foto: Sarah Trinler Foto: Die Oberbadische

PSG II: Tochter eines Krebspatienten spricht über AOK-Pflegeberatung / Zweiter Teil unserer Serie

Von Sarah Trinler

Jede Pflegesituation ist anders. Ältere und pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige sind oftmals überfordert mit der neuen Situation. Individuelle Hilfe bietet die AOK-Pflegeberatung, deren Unterstützung mit Einführung des Pflegestärkungsgesetztes II, das im Rahmen unserer Serie vorgestellt wird, noch gefragter geworden ist.

Kreis Lörrach. „Ich weiß ehrlich nicht, was gewesen wäre, wenn ich Frau Kolb nicht gehabt hätte“, sagt Nathalie Schwald (*Name von der Redaktion geändert) aus Lörrach, deren Vater vor zwei Jahren schwer an Krebs erkrankt war. Alles war Neuland für die damals 34-Jährige. Ihrem Vater ging es sehr schlecht, die häusliche Pflege musste geregelt werden. Aber wo sollte sie anfangen?

Wie Nathalie Schwald geht es den meisten Menschen, sagt Annette Kolb, Pflegeberaterin der AOK Hochrhein-Bodensee in Lörrach, die die junge Frau und deren Vater in den vergangenen zwei Jahren unterstützt hatte. Nathalie Schwald gesteht, dass es ihr grundsätzlich schwer fällt, Hilfe anzunehmen. Aber ohne Mutter oder Geschwister im Rücken hat sie sich dann doch als Bevollmächtigte ihres Vaters für die AOK-Pflegeberatung entschieden.

„Zum Glück“, sagt Nathalie Schwald rückblickend. Immer wieder sei sie an ihre Grenzen gestoßen und wäre ohne die Unterstützung von Annette Kolb nicht weitergekommen. „Die Hoffnung meines Vaters war, so lange wie möglich selbstständig zu Hause wohnen zu können“, erklärt Schwald. Hierzu können zum Beispiel Hilfsmittel, Entlastungsbeträge oder Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds beantragt werden. Oftmals kennen die Angehörigen jedoch die vielen Möglichkeiten nicht oder wissen nicht, wie solche Anträge gestellt werden können.

Auch wenn die Pflegeberatung für Annette Kolb Alltag ist, war die Dynamik im Kontakt mit den Schwalds schon besonders: Nathalie Schwalds Vater hatte in immer kürzer werdenden Zeitabständen zunehmende Einschränkungen, auch war schon früh klar, dass es keine Heilung geben wird. Oft musste er ins Krankenhaus und war danach wieder auf andere Pflege angewiesen. „Ich war teils am Rande der Verzweiflung“, sagt Nathalie Schwald, die während der Erkrankung ihres Vaters schwanger wurde und fortan auch mit ihren Kräften haushalten musste.

Sinn der AOK-Pflegeberatung ist es, Hilfestellungen zu geben, damit der Versicherte oder dessen Angehöriger selbst die nächsten Schritte gehen kann. So war es dann auch bei der Suche nach einem Pflegeheimplatz für Nathalie Schwalds Vater: Sein Zustand hatte sich so sehr verschlechtert, dass er nicht mehr zu Hause wohnen bleiben konnte. Aber wie so schnell einen Platz in einem nahe gelegenen Pflegeheim finden? Annette Kolb wies auf den AOK-Pflegeheimnavigator hin, der eine Übersicht über alle Heime mit Kosten und Transparenzbericht bietet. Doch die Anrufe in den Heimen waren für die junge Frau eine Überwindung: „Da soll man hoffen, dass jemand stirbt, damit ein Platz frei wird – das ist doch abartig“, sagt Schwald.

Von Februar bis Oktober vergangenen Jahres wohnte Schwalds Vater dann noch in einem Lörracher Pflegeheim, bevor er verstarb. Die Tochter war froh, dass sie ihm kurz zuvor noch einen großen Wunsch erfüllt hatte: Ein letztes Mal die Verwandten in Hessen besuchen. Die Reise mit einem schwer kranken Mann, der zudem unverschuldet auch in finanzielle Not geraten war, konnte nur durch einen Zuschuss der Deutschen Krebshilfe ermöglicht werden. Auch auf diesen Antrag hatte Annette Kolb hingewiesen. „Frau Kolb war in dieser Zeit mein Oktopus“, sagt Schwald dankbar. Wie das achtarmige Meerestier habe die Pflegeberaterin ihre Arme nach allen Seiten ausgestreckt und gleich mehrere Dinge in die Hand genommen.

AOK-Versicherte, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, haben einen Anspruch auf individuelle Beratung durch einen Pflegeberater. Im vergangenen Jahr haben die sechs Pflegeberater der AOK Hochrhein-Bodensee – aufgrund des PSG II werden derzeit noch weitere Sozialpädagogen zu Pflegeberatern ausgebildet – rund 230 Versicherte (und ihre Angehörigen) über einen längeren Zeitraum intensiver betreut.

Annette Kolb ist seit 2004 als Diplom-Sozialpädagogin im Sozialen Dienst der AOK Hochrhein-Bodensee tätig. Vor vier Jahren absolvierte sie die Zusatzqualifikation zur Pflegeberaterin und unterstützt im Rahmen des Case-Managements seither pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige rund um das Thema Pflege.

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